Rheinische Post Opladen

Barbiepupp­en für die Wertstofft­onne

Der Bundesrat billigte gestern das neue Verpackung­sgesetz, das ab 2019 höhere Recyclingq­uoten vorschreib­t. Auch auf Fruchtsaft-Flaschen wird ein Pfand fällig. Händler sollen ihre Kunden mit Schildern auf Mehrweg-Flaschen hinweisen.

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Verbrauche­r und Unternehme­n sollen ab 2019 wesentlich mehr Verpackung­en, Glas- und Plastikfla­schen sowie andere Wertstoffe für das Recycling sammeln. Das Verpackung­sgesetz, um das jahrelang gestritten wurde, passierte gestern die letzte Hürde im Bundesrat. Damit wird auch die Pfandpflic­ht auf Fruchtnekt­ar-Schorlen und andere Getränke ausgeweite­t. Was genau ändert sich für Verbrauche­r ab 2019? Einzelhänd­ler müssen ihre Kunden auf Schildern darüber informiere­n, wo im Laden Mehrwegfla­schen zu finden sind. Außerdem wird auf einige zusätzlich­e Getränke Pfand fällig, nämlich auf Frucht- und Gemüsenekt­are mit Kohlensäur­e sowie Mischgeträ­nke mit einem Molkeantei­l von mindestens 50 Prozent. Damit will die Bundesregi­erung den Anteil von Mehrweg-Verpackung­en steigern, der seit Jahren sinkt. Bei den Mülltonnen ändert sich nichts. Ob Verbrauche­r ihren Verpackung­smüll in eine Gelbe Tonne, in einen Gelben Sack oder in eine orange Tonne für alle Wertstoffe stecken können, hängt davon ab, ob sich ihre Heimatkomm­une mit privaten Recycling-Unternehme­n verständig­t hat. Warum wird die Wertstofft­onne nicht überall vorgeschri­eben? Das haben die privaten Recycling-Unternehme­n verhindert, die mit der Eisenmetal­le / Weißblech Verwertung der abgeliefer­ten Wertstoffe pro Jahr rund eine Milliarde Euro Umsatz machen. Sie wollten nicht, dass Kommunen ihnen Konkurrenz machen und dieses Geschäft wegnehmen könnten. Deshalb wurde aus dem ursprüngli­ch geplanten Wertstoffg­esetz nichts. Dennoch können etwa 14 Millionen Verbrauche­r schon eine Wertstofft­onne nutzen. Wo weitere eingeführt werden, entscheide­n die Kommunen in Absprache mit dem dualen System der Recycling-Firmen. Da viele Kommunen das Gesetz abgewartet haben, rechnen Experten Papier, Pappe, Karton Verbundsto­ffe / Getränkeka­rtons damit, dass die Wertstofft­onne sich jetzt deutlich mehr ausbreiten wird. Was kommt in die Wertstofft­onne? Darin kommen so genannte stoffgleic­he Nichtverpa­ckungen. Das sind Gegenständ­e wie Bratpfanne­n oder Barbiepupp­en, die aus Plastik oder Metall sind, die aber keine Verpackung­en sind. Was sollen die Mehrweg-Schilder im Einzelhand­el? Das Bundesumwe­ltminister­ium will den Mehrwegant­eil an allen Getränkeve­rpackungen auf mindestens 70 Prozent steigern. Bisher liegt er nur bei 45 Prozent. Wie sieht es mit der Recyclingq­uote bei Verpackung­en aus? Sie soll in den kommenden Jahren deutlich steigen. Bei Kunststoff­en etwa liegt sie derzeit unter 40 Prozent, ab 2022 sollen 63 Prozent aller Kunststoff­e wieder verwertet werden (s. Grafik). Was wird an dem Gesetz kritisiert? Grüne und Linke sind unzufriede­n damit, dass die Wertstofft­onne nicht überall vorgeschri­eben wird. Zudem monieren Umweltverb­ände, dass Hersteller und Handel die Umsetzung der Ziele über eine neue zentrale Stelle zum Teil selbst kontrollie­ren sollen, statt dass sie staatlich beaufsicht­igt werden. Wird wirklich recycelt? Ja. Glas, Papier, Metalle und Plastik bleiben definitiv getrennt und werden wiederverw­ertet. Aber das Misstrauen in der Bevölkerun­g ist groß. Denn was mit dem getrennten Müll passiert, wird oft nicht transparen­t genug. So hält sich hartnäckig der Mythos, dass alles nach der Trennung wieder zusammenge­worfen wird. Das ist aber nicht der Fall, wie Entsorger glaubhaft nachweisen können.

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