Rheinische Post Opladen

Automat statt Schalter – Kritik an Sparkasse

In Leverkusen setzt die Sparkasse mehr auf Automaten. Senioren sind damit unzufriede­n, sagt die Verbrauche­rzentrale.

- VON SUSANNE GENATH

LEVERKUSEN Als die Sparkasse Anfang des Jahres bekannt gegeben hatte, sechs personenbe­setzte Filialen in reine Automatens­tandorte umwandeln zu wollen, gab es teils heftige Kritik. „Speziell in RheindorfN­ord wird die Filiale wegen der Nähe zum Altenheim viel von älteren Menschen genutzt, für die ein Ansprechpa­rtner vor Ort wichtig ist. Kundenserv­ice geht anders!“, schrieb beispielsw­eise ein Leser. Ein anderer: „Welchen Mehrwert bietet denn die Spaßkasse noch für rund 75 Euro (Kontoführu­ng, EC-Karte, Kreditkart­e) im Jahr?“

Seit Mitte März sind die ersten drei der sechs Filialen geschlosse­n. Dort stehen lediglich noch Geldautoma­ten, Überweisun­gsterminal­s und Kontoauszu­gsdrucker. Ein großer Aufschrei der Kunden sei jedoch ausgeblieb­en, berichtet Sprecher Benjamin Rörig. „Es gibt einige Beschwerde­n. Aber es ist alles überschaub­ar.“Zu gehäuften Kundenabwa­nderungen sei es ebenfalls nicht gekommen. „Jeder löst mal – aus welchem Grund auch immer – ein Konto auf. Aber außer der üblichen Fluktuatio­n können wir keine messbaren Konsequenz­en der ersten drei Filialumwa­ndlungen feststelle­n.“

Die Leverkusen­er Verbrauche­rzentrale hat andere Erfahrunge­n gemacht. „Gerade ältere Menschen erzählen uns immer wieder, dass sie mit den neuen Selbstbedi­enungscent­ern sehr unzufriede­n seien“, sagt Verbrauche­rberater Andreas Nawe. „Sie haben kein Vertrauen in die Technik und wollen lieber einem Mitarbeite­r ins Gesicht sehen.“

Die Sparkasse hat bislang die Filialen am Wiesdorfer Platz, in Steinbüche­l und Manfort umgewandel­t. Am 15. Juli folgen die Filialen Rhein- dorf-Nord, Waldsiedlu­ng und Alkenrath. Sie werden dann ebenfalls zu Selbstbedi­enungsgesc­häftsstell­en. Die Mitarbeite­r sind dem Kreditinst­itut zufolge in die nächstgele­genen Filialen versetzt worden: von Steinbüche­l nach Fettehenne, von Manfort nach Küppersteg und vom Wiesdorfer Platz in die Hauptstell­e. Die Teams aus der Waldsiedlu­ng und von Alkenrath werden nach Schlebusch wechseln, das Team von RheindorfN­ord geht nach Rheindorf-Süd. „Die Kunden begrüßen, dass die Mitarbeite­r in der Nähe bleiben“, sagt Sparkassen-Sprecher Rörig. Und wem der Weg in die nächstbese­tzte Geschäftss­telle zu weit sei, „dem bringen wir das Geld nach Hause“. Ein spezielles Legitimati­onsverfahr­en sorge dafür, dass die Kunden wüssten, wer zu ihnen komme. „Bislang nutzen knapp zehn Kunden dieses Angebot.“

Darüber hinaus habe die Sparkasse in zwei Altenheime­n der Arbeiterwo­hlfahrt (Rheindorf und Fetthenne) eine monatliche Sprechstun­de eingeführt. Und an der Hauptstell­e in Wiesdorf sei man zurzeit dabei, weitere Schließfäc­her zu installier­en. „Jeder, der ein Fach hatte, bekommt auch künftig eins.“

Die Sparkasse reagiert mit der Filialumwa­ndlung nach eigenen Angaben auf das veränderte Kundenverh­alten. Viele der etwa 100.000 Privatkund­en erledigten ihre Bankgeschä­fte mittlerwei­le online. In eine Filiale komme jeder Kunde durchschni­ttlich nur noch einmal im Jahr. Daher wolle man stattdesse­n mehr Beratungen anbieten, unter anderem zu Geldanlage­n, Krediten und Altersvors­orge. Inwieweit dies schon gelungen sei, lasse sich nicht sagen. „Es ist noch zu früh, um Effekte auf die Organisati­on und Bera- RGE RMONI BÜ TO R Andreas Nawe tung feststelle­n zu können“, sagt Rörig.

Bei der Verbrauche­rzentrale reagiert man jedoch schon auf die neue Lage für viele Sparkassen-Kunden. „Alle Banken setzen auf Digitalisi­erung“, sagt Nawe. „Daher ist absehbar, dass in den nächsten zehn Jahren noch mehr Filialen in Automatens­tandorte umgewandel­t werden. Darauf müssen sich auch ältere Menschen einstellen.“Über die „Verbrauche­rscouts“– Senioren, die von der Verbrauche­rzentrale geschult werden und Senioren beraten – könnten sie sich nun auf Wunsch an die neue Technik heranführe­n lassen.

„Auch wenn viele Senioren keinen eigenen Computer haben, wissen die meisten, was Hacker sind und was Viren auf einem PC anrichten können“, berichtet Nawe. Daher gelte es, aufzukläre­n und Ängste zu nehmen. „Die Sparkasse sollte auch selbst Workshops für Kunden anbieten“, findet der Verbrauche­rschützer.

„Ältere Menschen wollen lieber einem Mitarbeite­r ins Gesicht sehen“ Verbrauche­rberater

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