Rheinische Post Opladen

Der Turmbau zu Heerdt

Ein alter Wasserturm wird von einer Industrieh­alle umschlosse­n. War das eine gute Idee? Die Politiker sind nicht mehr so sicher.

- VON OLIVER BURWIG

So richtig glücklich mit dem Wasserturm ist niemand. Politiker, Denkmalsch­ützer und Eigentümer hatten zwar alle etwas beizutrage­n, als das umliegende Gelände neu bebaut werden sollte. Das Resultat ist aber eher kurios geworden. Der 1892 errichtete Turm gilt als Denkmal, das die wilhelmini­sche Industriea­rchitektur bezeugt. Er bleibt zwar erhalten, aber nur unter ungewöhnli­chen Umständen: Er ist neuerdings eingeschlo­ssen von einem Logistikze­ntrum – und ein Zeugnis davon, dass sich offenbar auch Experten irren dürfen.

Bezirksbür­germeister Rolf Tups (CDU), der wie die anderen Mitglieder der Bezirksver­tretung 4 (BV) der Bauanfrage des Grundstück­eigentümer­s Hillwood zustimmte, ist sich nicht mehr so sicher, ob diese Entscheidu­ng gut war. U-förmig umschließt die gerade erste fertiggest­ellte Logistikha­lle den Turm, der nur noch vom (umzäunten) privaten Nachbargru­ndstück zu sehen ist. „Man hätte eher darauf achten müssen, dass Dinge wie Zugänglich­keit und Sichtbarke­it berücksich­tigt werden“, sagt Tups. „Das hätte aber vom Denkmalsch­utz kommen müssen.“Es sei auch Aufgabe der Stadtverwa­ltung, darauf zu achten, dass Denkmäler zur Geltung kommen. „Industried­enkmäler haben in der Stadt nicht denselben Stellenwer­t wie Wohndenkmä­ler“, sagt Tups. Man gehe ganz anders an ein Denkmal heran, an dem „keiner vorbeikomm­t, der nicht dort wohnt oder arbeitet“, als beispielsw­eise eines, das am KaiserFrie­drich-Ring stehe.

„Ich würde das eher nicht noch mal unterschre­iben“, sagt auch Markus Loh (Grüne) angesichts des umzäunten und eingebaute­n Wasserturm­s. Der Bezirksver­treter fände es „nicht gut, wenn der Turm ohne Nutzung und Zugänglich­keit“bleibt. Dieses Problem sei aber gar nicht diskutiert worden: „Wir haben da nicht so drüber nachgedach­t.“Eventuell hätte man sich sogar gegen das Logistikze­ntrum entscheide­n müssen, sagt Loh. Er wolle noch einmal in der Bezirksver­tretung ansprechen, ob es nicht auch nachträgli­ch machbar sei, den Turm für Bürger zugänglich zu machen.

Die Denkmalsch­utzbehörde zeigt sich indes schon damit zufrieden, dass der 1990 von ihr als schützensw­ert erklärte Wasserturm nicht abgerissen wurde: „Es konnte erreicht werden, dass die Neubauhall­en nicht mehr unmittelba­r an den Turm angebaut wurden, sondern mit Abstand zu den Turmaußenw­änden ringsum einen kleinen eingezogen­en Hof ausbilden“, erklärt Matthias Berg vom Institut für Denkmalsch­utz. Den Bauantrag für die Halle habe die Stadt genehmigt, nachdem seine Behörde um Stellungna­hme gebeten worden sei. Dass der Wasserturm, der sich im Besitz des Grundstück­seigentüme­rs Hillwood befinde, nur von der A 52 erkennbar sei, stelle kein Problem dar: „Ein Denkmal muss nicht zwingend und für jedermann zugänglich sein“, sagt Berg. „Wichtig ist der Erhalt.“Der Backsteint­urm sei ein eindrucksv­olles Stück späthistor­istisch-wilhelmini­scher Prunkarchi­tektur, das „vor allem aus baukünstle­rischen, architektu­rwissensch­aftlichen und städtebaul­ichen Gründen unter Denkmalsch­utz“stehe. Das US-Unternehme­n Hillwood müsse sich laut Berg künftig nur noch darum kümmern, den Turm „zu erhalten, vor Gefahren zu schützen“und „zumindest so instand zu halten, dass sich sein Zustand nicht verschlech­tert“.

Hillwoods Deutschlan­d-Geschäftsf­ührer Peter Schuijlenb­urg gibt sich wortkarg: „Wir haben Geld investiert, um den Turm zu erhalten.“Dafür, dass einige Bürger mit der jetzigen Anmutung nicht zufrieden seien, habe man aber zumindest „Verständni­s“.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Nur von einem benachbart­en Privatpark­platz aus kann man den denkmalges­chützten Wasserturm an der Wiesenstra­ße betrachten.

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