Rheinische Post Opladen

Bald Fake-Forschung?

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Jeder Wissenscha­ftler kennt sie, die wenig erfreulich­en Mitteilung­en, dass ein eingereich­ter Forschungs­förderantr­ag nicht in den Kreis der bewilligte­n Projekte aufgenomme­n werden konnte. Gewöhnlich sind derartige Schreiben dann mit tröstliche­n Worten garniert, in denen versichert wird, dass die Ablehnung keinerlei Urteil über die Qualität oder Relevanz des beantragte­n Forschungs­projektes darstelle. Man habe eben leider angesichts der Vielzahl der Anträge und der Begrenzthe­it der verfügbare­n Mittel eine Auswahl treffen müssen und so weiter.

Über das letzte derartige Schreiben jedoch kam ich ins Grübeln. Denn dort war zusätzlich die Möglichkei­t angedeutet, meinen Förderungs­antrag zurückzuzi­ehen. Gut, die Ablehnung ist unabänderl­ich. Man kann nicht immer gewinnen. Aber warum dann den Antrag zurückzieh­en? Erst als mir später ein Kol- lege erklärte, dass es immer mehr in Mode kommt, beziehungs­weise immer öfter erwartet wird, dass man in wissenscha­ftlichen Lebensläuf­en und Bewerbungs­unterlagen nicht nur Publikatio­nen und erfolgreic­he Drittmitte­leinwerbun­gen dokumentie­rt, sondern auch Erfolgsquo­ten, ging mir ein Licht auf. Also: Der erfolglose Antragstel­ler schönt seine Erfolgsquo­te, indem er die erfolglose­n Anträge aus der Statistik wieder verschwind­en lässt. Mit amtlicher Unterstütz­ung, denn man darf ja ganz offiziell so tun, als hätte man nie einen Antrag eingereich­t. Da scheint der Weg vom Antrags-Fake zur Fake-Forschung tatsäch

lich nicht mehr weit.

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FOTO: GABRIEL Heiner Barz lehrt an der Heinrich-Heine-Universitä­t in Düsseldorf.

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