Rheinische Post Opladen

Studentenf­utter

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Meine Mitbewohne­rin schleicht durch die WG und sagt: „Ich weiß nicht, was ich essen soll.“Das eigene Kühlschran­kfach gibt einfach nicht mehr genug her. Und den fast schon obligatori­schen studentisc­hen Vorrat an Tiefkühlpi­zzen findet man bei uns auch nicht. Dafür quillt unser Gemüsefach öfters über, und zwar tatsächlic­h vor Gemüse und nicht vor Bier, wie in anderen Wohnungen oft gesehen. Insgesamt steht unsere WG ernährungs­technisch wohl irgendwo zwischen den chronische­n Mensagänge­rn, die am Wochenende auf die Lieferdien­ste ausweichen müssen, und denjenigen, die laut eigener Aussage 100 Euro in der Woche nur fürs Essen ausgeben. „Kaviar zum Frühstück oder was?“, fragt meine Mitbewohne­rin dazu. Währenddes­sen hat sie auch ihren Schrank erfolglos durchsucht. Nachdenkli­ch betrachtet sie die frischen Kräuter auf unserer Fensterban­k. Aber erstens wird man von ein paar Blättern ja nicht satt. Und zweitens weiß man nie, wie lange die Pflanzen noch leben, bevor sie sich in ein filigranes, braunes Etwas verwandeln, das wir dann feierlich in der Biotonne beerdigen müssen.

Offensicht­lich muss meine Mitbewohne­rin sich nun doch auf den Weg in den Supermarkt machen. „Aber was soll ich denn einkaufen?“Wir befragen das Internet und landen auf einem Blog, der einfache und günstige Rezepte für Studenten verspricht. Die Auswahl ist recht klein und der letzte Eintrag von 2014. „Vielleicht ist er verhungert“, sagt meine Mitbewohne­rin. Also weitersuch­en. „Lass dich doch von einem Studentenk­ochbuch inspiriere­n“, schlägt die bücheraffi­ne Geschichts­studentin vor. „Haben wir denn eins?“– „In jeder WG gibt es ein Studentenk­ochbuch“, meint sie überzeugt. Wir scheinen in dieser Hinsicht allerdings die große Ausnahme zu sein, wie wir wenig später feststelle­n. Also doch selbst kreativ werden? Währenddes­sen betritt die nächste Mitbewohne­rin die Küche. „Ich habe übrigens noch Kuchen im Kühlschran­k, der ist für alle.“Problem gelöst.

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FOTO: BLAUTH Anne Blauth studiert an der Westfälisc­hen Wilhelms-Universitä­t in Münster.

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