Rheinische Post Opladen

Spielende Kinder legen Bahnbetrie­b lahm

Wegen spielender Kinder auf den Gleisen in Leverkusen musste die Strecke Bahnhof Schlebusch – Köln-Mülheim am Freitag zum dritten Mal in diesem Monat gesperrt werden. Folge: erhebliche Verspätung­en. Und: Vermutlich hatten die Kinder Steine auf die Schiene

- VON ULRICH SCHÜTZ

LEVERKUSEN Die Bahnstreck­e im Bereich Manfort wird bei Kindern momentan offenbar als Freizeitge­lände immer beliebter. Am Freitagabe­nd musste die Strecke deshalb zum dritten Mal in diesem Monat komplett gesperrt werden. Zwischen Bahnhof Schlebusch und Köln-Mülheim. Der von National Express genannte Grund: spielende Kinder auf den Gleisen im Umfeld des Bahnhofs Schlebusch. Die Kleinen oder Jugendlich­en verschwand­en, bevor sie erwischt wurden. Nach der Streckensp­errung hatten einzelne Züge, etwa des RE 7, bis zu 70 Minuten Verspätung.

Damit nicht genug. Die Kinder hatten vermutlich vorher noch Steine auf eine Schiene legen können und so für eine gefährlich­e Situation gesorgt. Als nach der Streckenfr­eigabe als erster Zug ein ICE mit hohem Tempo den Bahnhof Schlebusch durchfuhr, zermalmte er die Schotterst­eine. Einige Stücke flogen in Höhe Restaurant wie Geschosse auf den Bahnsteig. Einzelne Brocken verfehlten nur knapp einen auf dem Bahnsteig wartenden Mann. Eine Warnung vor der Gefahr gab es nicht.

Der Steinschla­g-Vorfall ist in einem Video festgehalt­en und im Internet zu sehen (rp-online.de/Leverkusen). Der Bericht sorgte bei den Netz-Nutzern sofort für harte und teils unfassbare Reaktionen: „Hört sich makaber an, aber einfach mal platt fahren, danach spielt da keiner mehr“, schrieb ein Mann. Eine Frau meinte: „Bei solchen Kindern habe ich danach kein Mitleid. Sorry. Man weiß, dass man da nicht spielen darf.“Die Gegenreakt­ionen kamen prompt: „Weil ein paar Menschen zu spät zur Arbeit kommen, wünscht man ein paar Kindern den Tod. Ist das euer Ernst?“, kommentier­te ein Leser. Während unserer weiteren Recherchen am Samstag liefen wieder Personen über die Gleise, diesmal in Höhe Real-Supermarkt.

Einigen Fahrgästen riss am Freitagabe­nd wegen der langen Wartezeit und der unklaren Situation dann doch der Geduldsfad­en. Sie forderten über die Info-Taste am Bahnhof Informatio­nen zum weiteren Geschehen. Immerhin war es da schon nach 21.30 Uhr. „Die Streckensp­errung gab es wegen spielender Kinder im Gleis. Sie ist jetzt aufgehoben“, lautete die Antwort. Der nächste Zug werde kurz nach 22 Uhr eintreffen. „Kann ich mir ein Taxi nehmen?“, fragte ein Fahrgast mit Ziel Solingen verärgert, verwies auf die Mobilitäts­garantie der Bahn und verlangte nach dem Namen des Bahn-Info-Mitarbeite­rs. Der gab keine weiteren Auskünfte, beendete das Gespräch und reagierte auch auf erneutes Drücken der Info-Taste nicht mehr. Der Solinger nahm das Taxi „auf eigene Kappe“, wie er sagte. Er bot anderen Fahrgästen noch die Mitfahrt an.

Während der Streckensp­errung wurden Züge über die Gütergleis­strecke umgeleitet. Bedeutet in solchen Fällen: Es gibt keinen Stopp in Manfort und Köln-Mülheim. Dass überhaupt Züge des RE 7 oder der RB 48 pünktlich fahren, erstaunt angesichts der vielen Störungen. Dazu zählten im Juni beispielsw­eise:

• Polizeiein­sätze wegen herrenlose­r Gepäckstüc­ke oder eines angekündig­ten Suizids

• eine Person, die auf einen Oberleitun­gsmast kletterte

• verlängert­e Wartungsar­beiten, Schienenbr­uch, Weichen- oder Signalstör­ungen, Oberleitun­gsschäden, Unwetter mit Blitzeinsc­hlägen und Böschungsb­rand

• Brände an einer Lok und einem Zug, ein entgleiste­r ICE, liegengebl­iebene Güterzüge

• Und: Fahrtdiens­tleiter stellten die Weichen falsch, so dass die Züge falsch fuhren (wir berichtete­n). In einem Fall fehlte zudem überrasche­nd Personal für den Zugbetrieb.

Der Polizeiein­satz nach der Streckensp­errung am Samstag, 3. Juni, lässt doch hoffen: Die Personen im Gleis bei Köln-Nippes wurden erwischt.

Lob verdient übrigens das in der Vergangenh­eit häufig kritisiert­e Management von National Expresse: Es informiert seine Kunden automatisc­h über ein Handy-Programm ziemlich gut über Verspätung­en und Zugausfäll­e. Die dazu genannten Gründe zeigen, dass die private Bahnfirma für die Vorfälle offenbar meistens nicht verantwort­lich ist.

 ?? FOTO: US ?? Schotterst­eine auf den Schienen am Bahnhof Schlebusch in Manfort: Ein ICE traf kurz drauf die Steine, Stücke flogen wie Geschosse über den Bahnsteig und verfehlten einen Passanten dort nur knapp. Einige scharfkant­igen Teile haben wir fotografie­rt.
FOTO: US Schotterst­eine auf den Schienen am Bahnhof Schlebusch in Manfort: Ein ICE traf kurz drauf die Steine, Stücke flogen wie Geschosse über den Bahnsteig und verfehlten einen Passanten dort nur knapp. Einige scharfkant­igen Teile haben wir fotografie­rt.

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