Rheinische Post Opladen

Heidel übernimmt Verantwort­ung

Bei Schalkes Mitglieder­versammlun­g wird ein Rekordumsa­tz von 265 Millionen Euro verkündet.

- VON GIANNI COSTA

GELSENKIRC­HEN Der Himmel über der Arena auf Schalke ist an diesem Mittag mal wieder königsgrau. Es ist Mitglieder­versammlun­g des FC Schalke 04 unterm geschlosse­nen Dach. Clemens Tönnies gibt den Statuten entspreche­nd den Zeremonien­meister. Der Vorsitzend­e des Aufsichtsr­ats hat ein Gespür dafür, wie man das Publikum trotz mauer sportliche­r Leistungen besänftige­n kann. Und damit es von Beginn an menschelt, holt er zunächst Domenico Tedesco, den neuen Trainer, auf die Bühne. „Es geht darum, einen Plan zu haben und ihn Spiel für Spiel zu optimieren“, sagt der 31-Jährige. „Aber die harte Arbeit, die von euch kommt, ist die Basis. Wir haben nur eine Aufgabe, eure Liebe und eure Emotionen zurückzuge­ben.“Gleich danach spricht der lange verletzte Schweizer Nationalsp­ieler Breel Embolo. Ausdrückli­ch und wohl nicht ganz zufällig bedankt er sich bei Tönnies, der ihn damals schon drei Tage nach der Operation besucht habe. Applaus vom Publikum.

Alles könnte so schön sein, wenn es nicht auch Mitglieder gäbe, die von ihrem Recht Gebrauch machen, sich einzubring­en. Auf Schalke gibt es traditions­gemäß eher zu viele als zu wenige davon. Und schon bei der Vorstellun­g der Tagesordnu­ngspunkte gibt es den ersten Zwist mit der Vereinsfüh­rung. Geplant war, die vier offenen Posten im Aufsichtsr­at und den strategisc­h wichtigen Wahlaussch­uss (der Punkt wird später auf 2017 verschoben) zu besetzen – und dann die Aussprache zu führen. Nach einem Änderungsa­ntrag wird die Reihenfolg­e geändert.

Tönnies weiß, dass viele Fakten für ihn und seine Arbeit sprechen. Finanzvors­tand Peter Peters berichtet über Rekorde. 265 Millionen Euro wurden umgesetzt, zum zweiten Mal in Folge ein Vereinsrek­ord. Der Gewinn beträgt über 29 Millio- nen Euro. Die Verbindlic­hkeiten betragen 129,7 Millionen Euro. Das ist der niedrigste Stand seit zehn Jahren. Er betont, das sei gelungen, obwohl man keine Investoren ins Boot geholt oder Anteile verkauft hat. Emotionen und Zahlen liegen bei Schalke besonders nah beieinande­r. Und so ist es Finanzvors­tand Peters, der Fritz Unkel (den ersten Vereinsprä­sidenten des FC Schalke) und Mike Büskens (einer der Eurofighte­r von 1997) als neue Mitglieder der Ehrenkabin­e ausruft. „Ich hätte 1992 auch zu einem anderen Verein aus dem Süden der Republik wechseln können, dort hätte ich ganz sicher ein paar Titel mehr geholt. Auf Schalke bin ich Meister der Herzen geworden“, sagt der gebürtige Düsseldorf­er. „Mir hätte in meinem berufliche­n Leben nichts Besseres passieren können. Ich lebe und liebe diesen Verein.“Das Publikum erhebt sich und applaudier­t.

Der gar nicht mehr so heimliche Star im Vorstand der Königsblau­en ist Marketingv­orstand Alexander Jobst. Er ist es, der für den Verein die großen Geschäfte einfädelt. „Wenn wir ein starker eingetrage­ner Verein bleiben wollen“, sagt Jobst, „dann müssen wir neue Wege gehen.“ Dazu gehört das Engagement im ESport. Oder die Vermarktun­g des Ärmels mit der Post-Tochter „Allyouneed“.

Dazu kann Jobst noch einen neuen Ausrüster (Umbro) präsentier­en. Der Deal war durch eine Panne bei den Proben für die Jahreshaup­tversammlu­ng bereits einen Tag vorher bekanntgew­orden, als das FirmenLogo mit der Raute auf der großen Leinwand in der Arena kurzzeitig eingeblend­et worden war. Exklusiv konnte Jobst dagegen die vorzeitige Verlängeru­ng der Namensrech­te für die Arena mit der Brauerei Veltins bis 2027 verkünden. Applaus.

Damit ist der Zeitpunkt gekommen, dass Sportvorst­and Christian Heidel vor eine gut eingestimm­te Mitglieder­versammlun­g tritt. Heidel übernimmt Verantwort­ung. „Ich hätte es mir viel leichter machen können. Niemand hatte den Kopf des Trainers gefordert“, sagt er. „Aber ich war nicht mehr von dem Weg überzeugt.“Mit Tedesco soll alles besser werden. „Er hat einen Plan“, sagt Heidel. Die Mitglieder applaudier­en artig, von Aufbruchst­immung ist aber keine Spur mehr. Heidel muss jetzt liefern, um mit der Anhängersc­haft eine engere Beziehung aufzubauen.

Großen Rückhalt hat er zurzeit nicht.

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FOTO: DPA Einer der wichtigste­n Festredner bei Schalkes Mitglieder­versammlun­g: Manager Christian Heidel sollte die Strategie des Klubs erklären.

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