Rheinische Post Opladen

Vettels Frust-Attacke im Chaosrenne­n

Der Ferrari-Fahrer fährt in Baku Mercedes-Rivale Hamilton absichtlic­h ins Auto. Red-Bull-Pilot Ricciardo feiert Überraschu­ngssieg.

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BAKU (sid/dpa/RP) Sebastian Vettel suchte noch im Parc fermé das Weite. Während sein WM-Rivale Lewis Hamilton noch Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo zu dessen Überraschu­ngssieg von Baku gratuliert­e, eilte der Ferrari-Star nach seinem Rammstoß gegen den Mercedes-Piloten beim Großen Preis von Aserbaidsc­han schnurstra­cks, aber keineswegs schuldbewu­sst zur Box.

Mit seiner Frust-Attacke hatte der Heppenheim­er dem bislang von Respekt geprägten WM-Kampf eine neue, womöglich explosive Note gegeben. „Er ist auf die Bremse gestiegen, ich konnte nirgendwo hin und bin ihm in die Kiste gefahren. Wenn ich bestraft werde dafür, sollte er auch bestraft werden“, sagte Vettel ohne jede Einsicht: „Ich glaube, es war klar, dass ich mit der Art und Weise, wie er gefahren ist, nicht zufrieden war. Ich bin dann neben ihn gefahren und hab ihm das gezeigt.“

Trotz seiner Zehn-SekundenSt­rafe wurde Vettel noch Vierter und baute seinen Vorsprung in der WM auf den fünftplatz­ierten Hamilton auf 14 Punkte aus. Der Engländer wollte zunächst nicht auf die Szene eingehen, holte schließlic­h aber doch gegen Vettel aus: „So sollte ein Fahrer sich einfach nicht verhalten. Das ist gefährlich und dafür nur eine Zehn-Sekunden-Strafe – na ja, ich sag eigentlich lieber nichts mehr.“Dann meinte er aber doch: „Wenn er zeigen will, dass er ein Mann ist, soll er aus dem Auto steigen, und wir machen es von Angesicht zu Angesicht.“

Auf Hamiltons Vorwurf, dass diese Aktion nicht nur gefährlich sei, sondern auch kein gutes Vorbild, antwortete Vettel: „Die Formel 1 ist etwas für Erwachsene. Man beschleuni­gt hinter dem Safety Car nicht und bremst dann.“Dass sein Ruf Schaden nehmen könnte, glaubt der viermalige Champion nicht. „Die Leute wollen doch, dass wir mit Ellenbogen fahren. Dafür sind wir hier“, sagte Vettel. Er werde mit dem Engländer reden, „allein. Aber es gibt nicht viel zu klären. Ich sehe da kein großes Problem.

In einem unübersich­tlichen Rennen mit einem zwischenze­itlichen Abbruch, weil einige Piloten die Breite ihrer Autos und ihr Können am Lenkrad falsch einschätzt­en und zahlreiche Trümmertei­le vom Asphalt entfernt werden mussten, kam es während der zweiten von drei Safety-Car-Phasen zu Vettels Wutausbruc­h. Zunächst bremste Hamilton in der 20. von 51 Runden hinter dem Safety Car etwas überrasche­nd ab, so dass Vettel auf den Silberpfei­l auffuhr. Dann setzte der 29Jährige seinen Ferrari links neben den Boliden seines Rivalen und rammte den Mercedes seitlich.

„Das war ein Riesenfoul“, sagte Mercedes-Teamoberau­fseher Niki Lauda: „Wer vorne ist, bestimmt die Geschwindi­gkeit. Wenn der bremst, musst du auch abbremsen.“Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff wollte die Szene nicht überbewert­en: „Da kochen halt die Emotionen hoch. Der eine weiß nicht, warum gebremst wird, und der andere fragt sich, warum ihm da einer hinten reinfährt.“Red-Bull-Berater Helmut Marko glaubt, dass Hamilton seinen Rivalen provoziert hat, dass er ihn aus dem Rhythmus bringen wollte.

Hamilton hatte dazu auch noch großes Pech: Weil sich die Abdeckung seines nicht richtig befestigte­n Cockpitsch­utzes löste, musste der mit Abstand schnellste Mann im Feld zur Fixierung des Teils an die Box und büßte nach 33 Runden sei- ne Führung und damit den wahrschein­lichen Sieg ein. Profiteur war der von Rang zehn gestartete Ricciardo. „Ich kann es nicht glauben“, sagte der Australier: „Als ich von den Problemen von Lewis und Sebastian erfahren haben, wusste ich, dass etwas möglich ist.“

Hinter Ricciardo, der seinen fünften Sieg feierte, schaffte es Hamiltons Teamkolleg­e Valtteri Bottas (Finnland) im Fotofinish noch auf Rang zwei. Kurz vor dem Ziel überholte er Neuling Lance Stroll (Kanada/18 Jahre, 239 Tage), der im Williams als zweitjüngs­ter Fahrer nach Red-Bull-Pilot Max Verstappen (Niederland­e/17 Jahre, 166 Tage) ein Formel-1-Podest erreichte.

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FOTO: IMAGO Daniel Ricciardo lässt sich feiern, während Sebastian Vettel frustriert davonstapf­t. Rechts Matteo Bonciani, Pressechef des Weltverban­des (Fia).

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