Rheinische Post Opladen

Richter betont: „Wir brauchen mehr Helden“

- VON TOBIAS BRÜCKER

OPLADEN Das Benehmen vieler Angeklagte­r vor Gericht ist der Situation angemessen. Sie verhalten sich ruhig und respektvol­l. Ein 30-Jähriger demonstrie­rte jetzt am Amtsgerich­t Opladen, dass es auch Personen gibt, denen das abgeht.

Ihm wurde räuberisch­er Diebstahl vorgeworfe­n. Am 19. September des vergangene­n Jahres soll er sich im Drogeriema­rkt Rossmann auf dem Rialto-Boulevard Parfüm im Wert von 60 Euro eingesteck­t haben, um dies zu verkaufen. Er habe Geld für Drogen gebraucht, so hieß es in der Anklage. Ein Zeuge beobachtet­e das Geschehen jedoch, verhindert­e die Flucht des Diebes, indem er ihn festhielt. Der Angeklagte hatte in Folge dessen zugeschlag­en.

Zwar zeigte sich der 30-Jährige vor Gericht zunächst kooperativ, gab auch zu, das Geld für Drogen und seinen Lebensunte­rhalt gebraucht zu haben. Kokain – teilweise für 200 Euro – und Heroin gehö- ren zum Tagesbedar­f. Rund 15 Euro habe er auf der Straße für das Diebesgut bekommen. Dass aber ein 70-jähriger Bürger versucht habe, ihn festzuhalt­en, brachte ihn in Rage. „Wollte der den Helden für seine Freundin spielen?“, fragte er im scharfen Ton. Auf die Anmerkung des Richters, er habe den Diebstahl auch einfach vor Ort zugeben können, gab der Beschuldig­te deutlich zu verstehen: „Ich gehe doch nicht freiwillig in den Knast. Ich bin doch nicht blöd.“

Seit Ende des vergangene­n Jahres sitzt er allerdings eine Strafe im Gefängnis ab. Das Bundeszent­ralregiste­r enthält zwölf Eintragung­en, die meisten wegen Diebstahls. Erst im Februar 2018 läuft die momentan verbüßte Strafe ab.

Zwar sah die Staatsanwa­ltschaft einen räuberisch­en Diebstahl nicht als bewiesen, da es dem Angeklagte­n beim Schlag vorrangig nicht darum gegangen sei, die Beute zu verteidige­n, sondern nicht von der Polizei festgenomm­en zu werden. Da- her wurde der Beschuldig­te nur wegen Diebstahls mit vorsätzlic­her Körperverl­etzung verurteilt.

Als das Gericht das Urteil verkündete – ein Jahr und vier Monate –, fiel der Angeklagte dem Richter oft ins Wort, zeigte sich aggressiv. „Wenn ich 70 wäre, würde ich nicht mehr den Helden spielen“, merkte er spöttisch an. Und bekam prompt eine Antwort: „Wir brauchen mehr Helden“, entgegnete der Richter trocken – er erntete dafür ein Kopfschütt­eln des Angeklagte­n.

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