„Klüngelbeutel“: Freches Kabarett über Kirche und Religion
LEICHLINGEN Dieser Plan zur Abschaffung der evangelischen Kirche ist geradezu genial. Der Papst reist zu den Luther-Feierlichkeiten und verkündet dort pressewirksam die Heiligsprechung von Martin Luther. Auf dem Weg dorthin könnte er Andachtsbildchen aus dem Helikopter regnen lassen. Bedruckt mit einem Gemälde des Reformators und dem Schriftzug: „Hl. Martin von Wittenberg, bitte für uns.“
Besucher des „Klüngelbeutel“Gastspiels im evangelischen Gemeindehaus Leichlingen haben am Freitag die ersten druckfrischen Exemplare bekommen. In Windeseile war der dicke Stapel aufgebraucht, wahrscheinlich folgten einige der Besucher im vollen Gemeindesaal der Aufforderung Kardinal Woelkis, in den eigenen Gemeinden welche auszulegen. Bei einem frechen Kabarett-Programm über Kirche und Religion durfte der Kölner Kardinal nicht fehlen.
Der evangelische Pfarrer Wolfram Behmenburg, der das mehrfach ausgezeichnete Ensemble „Klüngelbeutel“vor 27 Jahren mit seiner Frau Ulrike Behmenburg gegründet hat und vom Porzer Pfarrer Walter Kunz am Klavier und auf der Bühne unterstützt wird, machte sich gut im Ornat des Chefs seiner katholischen Berufskollegen. Als i-Tüpfelchen trug er die schwarz umrandete Brille – Woelkis Markenzeichen.
Bei Franz von Assisi habe die Kirche erstmals mit Erfolg die Strategie „Liebeskuss der Spinne“ausprobiert, verriet er dem Publikum. Die setzt nicht auf Inquisition und Scheiterhaufen, um kritische Rebellen innerhalb der eigenen Gemeinschaft unschädlich zu machen. Von Assisi bekam einen eigenen Orden und wurde später heilig gesprochen. So einfach könnte auch Martin Luther „einer von uns“werden, und „es gäbe keinen Grund mehr für eine eigene evangelische Kirche“. Genialer Schachzug – oder ein Fall für das LSD-Telefon (Luther Support Deutschland), eine Hotline, an der Ulrike Behmenburg Prominenten wie Emmanuel Macron Tipps zum Evangelischwerden gab: ein Crashkurs bei Margot Käßmann.
Die komplette griechische Regierung habe sich gerade zum Übertritt entschlossen, konnten die Anwesenden mithören. Grund: „Irgendwo muss das ja herkommen, dass katholische Länder alle nicht mit dem Geld umgehen können.“Gut dagegen stünden überwiegend protestantische Nationen wie Nie- derlande oder Schweden da. Die Kirchenkabarettistin erschien auch verschleiert als Fatme und versuchte, den Zuschauern einige Worte Türkisch beizubringen. Und sie übersetzte den großen Djihad mit „spirituellem Kampf auf dem Weg Gottes“. Luthers Reformation also „Djihad in Wittenberg“.
Mit Rollenspiel, Puppen, Liedern, viel Fantasie und noch mehr Humor bereitete das Ensemble einen spaßigen Abend mit Stoff zum Nachdenken und Diskutieren.