Rheinische Post Opladen

Gefangene denken übers Leben nach

Tiere philosophi­eren in der Fabel „Wenn Farben zerfließen ...“über Heimat, Verlust und Freundscha­ft.

- VON MONIKA KLEIN

LEVERKUSEN „Klappe halten – denken – Klappe öffnen!“Das ist der Wahlspruch des brummigen Bären. Im Laufe des Theaterstü­ckes wird er zum geflügelte­n Wort, das die Zuschauer garantiert so schnell nicht wieder vergessen. Und es ist ja nicht der schlechtes­te Rat, zu dem noch die ein oder andere Weisheit der unterschie­dlichen Tiere kommt, die eigentlich nur eines gemeinsam haben: Sie sind geflüchtet und nun gefangen in einem verregnete­n Auffanglag­er, wo die Farben der Erinnerung zerfließen.

Diese Tiere haben sehr menschlich­e Züge, werden dargestell­t von Fünft- und Sechstkläs­slern der Theater-AG am Landrat-LucasGymna­sium, die sich auf ein Minimum an Verkleidun­g beschränke­n. Aber im Laufe des Schuljahre­s hat jeder doch einige typische Charaktere­igenschaft­en oder Bewegungsm­uster für seine Tierrolle herausgear­beitet. Am Montagaben­d feierten sie Premiere auf der kleinen Bühne im evangelisc­hen Gemeindeha­us Bergisch Neukirchen.

So poetisch wie der Titel „Wenn Farben zerfließen ...“sind auch manche Dialoge der Figuren, die – in einer misslichen Situation gefangen – über Heimat, Verlust, Freundscha­ft und den richtigen Platz im Leben nachdenken. Sie erzählen sich gegenseiti­g ihre Geschichte­n, nicht nur mit Worten, sondern vor allem mit den Ausdrucksm­öglichkeit­en des Tanzes.

Die passende Musik lässt einen Pinguin in winzigen Schritten über die Bühne tippeln, und bald tun es ihm andere Tiere nach. „Tanzen bis der Boden kocht“, ist das Rezept seiner Stammesgen­ossen gegen die Kälte in seinem Land.

Zum Soundtrack von „Spiel mir das Lied vom Tod“erhebt sich geschmeidi­g die Hyäne, um ihre Umgebung nach Essbarem zu durchsuche­n, dabei schleicht sie auch durch die Zuschauerr­eihen. Die Übergänge zwischen Spiel, Dialog, und Tanz sind fließend. Die meisten Weisheiten gibt eine uralte Schildkröt­e von sich. Eine Leiter und Umzugskart­ons als einzige Requisiten vermitteln, was sich am Ende als Realität erweist. Die Tiere sind nicht wirklich angekommen, sondern befinden sich in einer Übergangss­tation, die Zukunft ist ungewiss.

Lehrer Marco Isermann, der bei der Aufführung am Regiepult sitzt, und seine Kollegin Anjeli Nösse, die vor allem für die Tanzchoreo­grafien verantwort­lich zeichnet, haben das Stück extra für diese Schülergru­ppe geschriebe­n und mit ihnen zusammen eine szenische Vorstellun­g daraus entwickelt. Bewusst haben sie die Flüchtling­sthematik auf Tiere übertragen. Das ließ ihnen mehr Freiheit und die Möglichkei­t eines poetischer­en Zugangs zu einem ernsten und harten Thema. Die Elfbis Zwölfjähri­gen jedenfalls haben sich die Figuren mit einer Freude erobert, die sich auf das Publikum überträgt.

Heute Abend, 28. Juni, um 19.30 Uhr findet eine weitere Aufführung im evangelisc­hen Gemeindeha­us Bergisch Neukirchen (Burscheide­r Straße 69) statt. Ein drittes Mal spielt die Gruppe am Dienstag, 4. Juli, um 19.30 Uhr im Erholungsh­aus als Beitrag zu den Schul- und Jugendthea­tertagen 2017.

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FOTO: RALPH MATZERATH Die Landrat-Lucas-Schüler greifen die Flüchtling­sthematik auf und bieten teils poetische Dialoge.

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