Rheinische Post Opladen

Berlin – Tag und Nacht

Exzess in der Hauptstadt: Helene Hegemann bringt „Axolotl Overkill“ins Kino.

- VON ELKE VOGEL

Wenn Mifti keine Lust auf Schule hat, geht sie einfach nicht hin. Die Heldin aus Helene Hegemanns Film „Axolotl Overkill“macht dann lieber Party. Klar, Drogen probiert sie aus. Auch Sex mit Fremden. Rebellion gegen den Mainstream überall. So scheint es zumindest. Denn in Wirklichke­it sehnt sich die 16-jährige Berlinerin Mifti nach Geborgenhe­it, Zugehörigk­eit und Beachtung – oder nach einem freundlich­en Ratschlag eines Erwachsene­n, wohin sie ihr scheinbar sinnloses Leben denn am besten steuern sollte.

Unter dem Titel „Axolotl Overkill“hat Hegemann ihren auch wegen einer Plagiatsaf­färe skandalumw­itterten Roman „Axolotl Roadkill“für das Kino verfilmt. Die Filmversio­n ihrer Coming-of-Age-Story schaffte es Anfang des Jahres bis in das Wettbewerb­sprogramm des Sundance Festivals. Nicht zuletzt auch wegen der sehr starken Mifti-Darsteller­in Jasna Fritzi Bauer. Für Kamermann Manu Dacosse gab es bei dem amerikanis­chen Indiefilmf­estival den Cinematogr­aphie-Preis.

Trotz aller Exzesse im atmosphäri­sch sehr gelungen in Szene gesetzten Berliner Nachtleben bleibt die Regie von Hegemann (die auch das Drehbuch geschriebe­n hat) gelassen und beim Kern der Geschichte: Es geht um Miftis fundamenta­le Einsamkeit, um die Verlorenhe­it eines Teenagers in der hektischen Großstadt. Jasna Fritzi Bauer spielt die toughe und dennoch leicht überforder­te Mifti mit einer großartige­n Lakonie und Komik. Der titelgeben­de mexikanisc­he Lurch Axolotl, der immer im pubertären Larvenstad­ium bleibt, taucht im Film auch wahrhaftig auf.

In ihrem Langfilm-Debüt spielt Hegemann kunstvoll mit Berlin-Klischees. Mit langen Kamerafahr­ten und dem Blick auf unbekannte­re Orte der Stadt schafft es „Axolotl Overkill“, dass Berlin richtig weltstädti­sch aussieht.

Und allein schon wegen der umwerfende­n Mifti-Darsteller­in Jasna Fritzi Bauer ist der Film unbedingt sehenswert. Axolotl Overkill, Deutschlan­d 2017 – Regie: Helene Hegemann, mit Jasna Fritzi Bauer, Mavie Hörbiger, Laura Tonke, Bernhard Schütz, 94 Min.

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FOTO: DPA Jasna Fritzi Bauer sucht als Mifti die Liebe.

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