Rheinische Post Opladen

Merkels Problemsek­retär

- VON EVA QUADBECK

Die Union wollte mit ihrem Wahlprogra­mm die Aufmerksam­keit auf das schöne Thema Vollbeschä­ftigung lenken. Dann löste CDU-Generalsek­retär Peter Tauber mit einem Tweet Empörung aus.

BERLIN CDU-Generalsek­retär Peter Tauber brauchte keine 140 Zeichen, um bezüglich des Wahlkampfv­ersprechen­s der CDU für Vollbeschä­ftigung eine Welle der Empörung auszulösen. Nachdem das Wahlprogra­mm der Union am Montag vorgestell­t worden war, schrieb Tauber beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter: „Vollbeschä­ftigung ist besser als Gerechtigk­eit“. Damit zielte er gegen die SPD, die soziale Gerechtigk­eit in den Mittelpunk­t ihres Wahlprogra­mms stellt. Die Union hingegen setzt nach dem alten LudwigErha­rd-Prinzip auf eine Steigerung des Wohlstands, von dem alle profitiere­n sollen.

Ein Twitter-Nutzer fragte bei Tauber nach, ob das für ihn nun bedeute, dass er drei Minijobs machen müsse. Taubers Reaktion löste dann einen Sturm von Spott und Protest im Netz aus. Der Generalsek­retär schrieb: „Wenn Sie was Ordentlich­es gelernt haben, dann brauchen Sie keine drei Minijobs.“

Tauber, der vor knapp vier Jahren als Merkels Mann fürs Digitale und als Generalsek­retär mit Jugendspra­che gestartet war, hat gerade keinen guten Lauf. Die Führung des Wahlkampfs hat die Kanzlerin ihrem Generalsek­retär weitgehend aus der Hand genommen. Das Wahlprogra­mm schrieb federführe­nd Kanz- leramtsmin­ister Peter Altmaier, der dafür extra einen Schreibtis­ch im Adenauer-Haus bekam. Als Wahlkampfs­tratege holte die Kanzlerin ihren Vertrauten, den früheren Opel-Manager Joachim Koschnicke. Tauber blieb die Front: die Organisati­on des Haustür-Wahlkampfs und das Bespielen der sozialen Netzwerke.

Letzteres ist nun gründlich schiefgega­ngen. Nach einigen Stunden, in denen der Tweet die erste Empörungsw­elle ausgelöst hatte, schickte der CDU-Generalsek­retär eine bedauernde Erklärung hinterher. Tauber schrieb auf Twitter und ließ auf Anfrage verbreiten: „Wer drei Minijobs braucht, um über die Runden zu kommen, der hat es nicht leicht.“Er habe niemandem zu nahe treten wollen, der in so einer Situation sei. Dann folgt Taubers Bedauern, dass er sein eigentlich­es Argument, wie wichtig eine gute Ausbildung und die richtigen wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen seien, damit man eben nicht auf drei Minijobs angewiesen sei, „so blöd formuliert“und damit manche verletzt habe.

Aus der Welt war die Kurzbotsch­aft damit nicht. Im Gegenteil: Im Laufe des Tages bildete sich bei Twitter der Hashtag „was Ordentli- CDU-Generalsek­retär Peter Tauber (42) ches“, unter dem Spötter und Kritiker den Satz auseinande­rnahmen. Für die Sozialdemo­kraten war der Fehltritt des CDU-Generalsek­retärs selbstvers­tändlich ein willkommen­es Wahlkampf-Geschenk. So twitterte SPD-Generalsek­retär Hubertus Heil, Taubers „pöbelnde Arroganz“zeige, dass der CDU der Respekt vor Geringverd­ienern fehle. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann schrieb: „Und wer keinen Anstand gelernt hat, wird CDU-Generalsek­retär.“

Tauber schlug im Netz auch viel Hass entgegen. Vieles davon ist nicht zitierbar. Andere versuchten

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FOTO: DPA

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