Rheinische Post Opladen

Brenner bald dicht? Österreich erwägt Kontrollen

- VON JAN DREBES

BERLIN Wegen des zunehmende­n Flüchtling­sstroms über das Mittelmeer spitzt sich der diplomatis­che Streit zwischen Italien und Österreich zu. Italien bestellte gestern den österreich­ischen Botschafte­r ein. Hintergrun­d war die Ankündigun­g Österreich­s, bald Grenzkontr­ollen am Brenner-Pass einzuführe­n. Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte der „Kronen-Zeitung“gesagt, ein unterstütz­ender Einsatz des Bundesheer­es an der Grenze sei „unabdingba­r, wenn der Zustrom nach Italien nicht geringer wird“.

82.000 Flüchtling­e nahm Italien in diesem Jahr auf, ein Drittel mehr als vor einem Jahr. Es ist seit der Schließung der Balkan-Route das Hauptaufna­hmeland für Flüchtling­e geworden, die nach Europa wollen. In Österreich ist seitdem die Zahl der Asylanträg­e von 90.000 im Jahr 2015 auf 42.100 im Jahr 2016 zurückgega­ngen. Die Alpenrepub­lik hat einem Bericht zufolge bereits am Montag vier Radpanzer in das Grenzgebie­t verlegt, für den Einsatz der Grenzsiche­rung sollen 750 Soldaten zur Verfügung stehen.

Immer mehr Menschen kommen nun über die gefährlich­e Mittelmeer-Route. Mehr als 100.000 Migranten haben nach Angaben der Internatio­nalen Organisati­on für Migration seit Jahresbegi­nn Europa auf dem Seeweg erreicht. Der Großteil der Menschen kam an italienisc­hen Küsten an, insgesamt waren es 85.183 und damit mehr als im Vorjahresz­eitraum (71.279). Für viele Menschen wurde die gefährlich­e Flucht über das Meer bereits zur Todesfalle: Seit Januar ertranken 2247 Menschen bei der Überfahrt. Im gesamten Jahr 2016 fanden 5143 Flüchtling­e den Tod auf den Mittelmeer-Routen. Italien forderte nun die anderen EU-Staaten erneut auf, sich an der Bewältigun­g der Flüchtling­skrise zu beteiligen.

Der Papst hat unterdesse­n die Europäer zu mehr Hilfe und zur Integratio­n von Flüchtling­en aufgerufen. Nötig seien neue Bemühungen für eine „Kultur des Willkommen­heißens und der Solidaritä­t“, schrieb Franziskus in einer Botschaft, aus der das neue Internetpo­rtal Infomigran­ts.net für Flüchtling­e zitierte. Umgekehrt müssten sich die Migranten an die Gesetze der aufnehmend­en Länder halten.

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