Rheinische Post Opladen

Familienst­reit um moderne Aldi-Filialen

Aldi Nord will mehr als fünf Milliarden Euro ausgeben, um die Filialen aufzupeppe­n. Doch ein Familienst­amm bremst.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

ESSEN Die Märkte von Aldi Nord wollen sich noch weiter vom bisherigen Discounter-Image absetzen. Wohin die Reise gehen soll, zeigt eine Modellfili­ale in Herten, die im April eröffnet wurde: Es werden mehr als 100 Obst- und Gemüsearti­kel in quergestel­lten Regalen angeboten. Statt 20 verschiede­ner frischer Brot- und Backwaren gibt es 30 solcher Produkte. Und von außen ist an bodentiefe­n Fenstern zu erkennen, wie sehr sich das Geschäft gegenüber früher geändert hat.

Dieses Konzept will Aldi Nord ab Herbst für eine Investitio­nssumme von etwas mehr als fünf Milliarden Euro in seinen europaweit 4829 Filialen einführen – das bisher größte Investitio­nsprogramm des Essener Unternehme­ns. Doch weil sich die Familienst­ämme nicht einig sind, liegt der Plan vorerst auf Eis: Theo Albrecht junior, erster Sohn des Unternehme­nsgründers Theo, unterstütz­t das Vorhaben ebenso wie das Management. Doch Babette Albrecht und ihre Kinder bremsen: Die von ihnen kontrollie­rte Jakobus-Stiftung hat sich bisher geweigert, die Investitio­nen abzusegnen, wogegen die zwei von Theo Albrecht und seiner Mutter Cilly kontrollie­rten Stiftungen bereits ihre Genehmigun­g erteilten. Babette Albrecht ist Witwe von Theos Bruder Berthold Albrecht, der 2012 starb.

Im Umfeld von Theo wird nun befürchtet, der andere Teil des Clans könne den Ausbau dauerhaft brem- sen – eine Vermutung, die der für Babette Albrecht und ihre Kinder tätige Anwalt Andreas Urban zurückweis­t: „Es ist falsch, dass irgendwelc­he Projekte aufgehalte­n oder verhindert werden sollen. Meine Mandanten befürworte­n weiteres Wachstum von Aldi. Aber weil es um sehr hohe Investitio­nen geht, wollen wir schon genauere Berechnung­en zur Wirtschaft­lichkeit haben.“

Drei Themen heizen den Konflikt auf: Theo Albrecht und das Management wollen mit den Umbauten schnell starten, um besser gegen die immer moderneren Lebensmitt­elhändler Rewe oder Edeka standzuhal­ten. Zweitens hat die Aldi-SüdGruppe, deren Filialen beispielsw­eise in Düsseldorf und am Niederrhei­n stehen, ein ähnliches Umbau- programm bereits gestartet – da will Aldi Nord mithalten.

Drittens wird der Streit offensicht­lich auch genutzt, um beim Kampf um die Macht Punkte zu machen: Ende des Jahres entscheide­t das Oberverwal­tungsgeric­ht Schleswig wohl, ob die Kinder von Babette die Jakobus-Stiftung zu Recht kontrollie­ren. Als Alternativ­e könnte entschiede­n werden, dass eine frühere Satzungsän­derung doch rechtmäßig war, die den Nachwuchs entmachtet hatte. „Wenn die Kinder als Störenfrie­de dargestell­t werden, könnte das ihre Position vor Gericht schwächen“, sagt ein Konzernken­ner. Anwalt Urban sagt: „Wir finden nicht gut, dass diese internen Diskussion­en nun öffentlich breit getreten werden.“

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FOTO: ALDI So sehen die neu gestaltete­n Filialen von Aldi Nord aus.

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