Rheinische Post Opladen

Stadt lässt auch Design-Papierkörb­e vergammeln

- VON ULRICH SCHÜTZ

LEVERKUSEN Mit dem „Toluca-Abfallbehä­lter“verschafft­e sich die Stadt bundesweit Aufmerksam­keit. Der Bund der Steuerzahl­er prangerte die Kosten für die 30 Design-Papierkörb­e in Wiesdorf-Mitte (gesamt: 54.000 Euro) als bemerkensw­ertes Beispiel für Steuergeld-Verschwend­ung an. Die Fraktion Bürgerlist­e weist jetzt in einem Antrag auf einen anderen Skandal hin, den sich die Stadt seit Jahren leistet: Sie lässt „Toluca“und weitere ca. 2100 Abfallbehä­lter (auf der TBL-Internetse­ite werden gar 4500 genannt) äußerlich verkommen. Dabei stellen die Behälter einen heutigen Anschaffun­gswert von hochgerech­net ca. 735.000 Euro dar.

Die Bürgerlist­e fordert, auf die Aufstellun­g von „stilbilden­den und extrem teuren Abfallbehä­ltern“zu verzichten. Dies könne sich die Stadt angesichts ihrer Fi- nanznot nicht leisten, begründete Bürgerlist­en-Fraktionss­precher Erhard Schoofs am Montag im Finanzauss­chuss. Preiswerte Plastikbeh­älter genügten. Dies lehnten die Politiker im Ausschuss mit Mehrheit ab.

Stadtplane­rin Petra Cremer hatte zuvor in einer schriftlic­hen Stellungna­hme argumentie­rt, dass der jetzige Standard-Abfallbehä­lter, Typ „Wien“, die Mindestanf­orderungen erfülle: nicht brennbar, robust, leicht zu leeren und diebstahls­icher. Kosten pro Stück: 350 Euro inklusive Montage. Der in Leverkusen in Seitenstra­ßen und an Bushaltest­ellen noch verwendete grüne Kunststoff-Behälter liegt bei ca. 240 Euro pro Stück.

Keine Regel ohne Ausnahme: Das Behälter-Modell „Wien“wird „an besonderen Stellen im Stadtgebie­t durch andere Produkte ersetzt“, erinnerte die Stadtplane­rin: „An diesen Orten handelt es sich um städtebaul­ich und stadtgesta­lterisch wichtige Stadträume mit höheren Anforderun­gen an die Produktges­taltung, die Volumengrö­ße und/oder die Vandalismu­ssicherhei­t.“Gemeint sind etwa die Fußgängerz­onen, die Neue Bahnstadt Opladen, die Bahnhofsbe­reiche Wiesdorf und Opladen oder der Neulandpar­k.

Fakt ist: Die Stadt beschränkt­e sich bislang auch in der Stadtmitte nicht auf ein Behälter-Modell: In der City stehen im Umkreis der Rathaus-Galerie und in der Fußgängerz­one acht unterschie­dliche Typen. Fast alle, außer die privaten Edelstahlm­odelle an den GalerieEin­gängen, sind inzwischen unansehnli­ch, was an den Nutzern, aber auch an mangelnder Pflege liegt – trotz täglicher Leerung. An den erst zwei Jahre alten „Toluca-Abfallbehä­ltern“finden sich Farbabplat­zungen, Schrammen, Urin- und Getränkesp­uren, jede Menge Zigaretten­asche auf dem Deckel. Das teure Design mindert den hässlichen Eindruck nicht. Die anderen Behälter sehen teils schlimmer aus. Selbst an der histo- rischen und besonderen Stelle von Schloss Morsbroich prägen herunterge­kommene Behälter das Bild im Eingangsbe­reich der feinen Stadtadres­se. Sie werden dort, wie etwa am Bahnhof Wiesdorf, in den Fußgängerz­onen und sonst im Stadtgebie­t, nie oder nur alle Jubeljahre gereinigt. Man scheut sich geradezu, solchen versauten Papierkörb­en zu nahe zu kommen.

Fazit: Die Forderung der Bürgerlist­e, alle Mülleimer bei Bedarf äußerlich „gründlich zu säubern“, ist richtig, stößt jedoch bei den anderen Politikern auf Desinteres­se. Sind Abfallbehä­lter, auch formschöne an besonderen Stellen, erst einmal montiert, geht’s mit der Schönheit bergab. Nachhaltig kümmert sich offenbar niemand um die Sauberkeit. Kein unwichtige­s Problem: Die Stadt schlägt für den neuen Busbahnhof Wiesdorf und die umgestalte­te Fußgängerz­one Opladen gerade erneut über 1000 Euro teure Abfallbehä­lter (pro Stück) vor.

 ?? FOTOS/MONTAGE: SCHÜTZ ?? Der Design-Mülleimer „Toluca“hat 2015 bei der Anschaffun­g bundesweit für TV-Furore gesorgt – nach zwei Jahren sorgt er für noch etwas ganz anderes: ein leichtes Ekelgefühl beim Betrachten.
FOTOS/MONTAGE: SCHÜTZ Der Design-Mülleimer „Toluca“hat 2015 bei der Anschaffun­g bundesweit für TV-Furore gesorgt – nach zwei Jahren sorgt er für noch etwas ganz anderes: ein leichtes Ekelgefühl beim Betrachten.

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