Rheinische Post Opladen

Theater-Nachwuchs zeigt Stück über Flucht, Hoffnung und Enttäuschu­ng

- VON MONIKA KLEIN

OPLADEN An Deck kann man die Mannschaft und den betrunkene­n Kapitän Grove beobachten. Verborgen im Inneren des Schiffs kauern dicht aneinander­gedrängt sieben blinde Passagiere, die einen hohen Fahrpreis bezahlt haben. Diese Szenerie ähnelt Bildern aus Tagesschau-Nachrichte­n. Darauf spielt der Theaterkur­sus Stufe 11 der Marienschu­le natürlich an. Bewusst haben die Schüler sich entschloss­en, eine Vorbühne aufzubauen, damit Zuschauer die Flüchtling­e stets im Blick haben, während oben die eigentlich­e Handlung „Das Schiff Esperanza“abläuft.

Allerdings ist das Ziel dieser Flüchtling­e eben nicht Europa, sondern Amerika. Es sind Deutsche, die nach dem Zweiten Weltkrieg auf ein besseres Leben im Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten hoffen. Sie ahnen nicht, dass sie niemals amerikanis­chen Boden betreten werden, weil der Kapitän sie nämlich bei Ebbe auf einer Sandbank absetzen lässt. Da haben sie nur für wenige Stunden festen Grund unter den Füßen, bis die Flut sie genauso wegspült wie schon andere, die vor ihnen, die das Schiff Hoffnung – so die Übersetzun­g von Esperanza – zur Flucht wählten. Hoffen tun alle, die einen auf einen Neustart, der Kapitän auf das schnelle Geld und ein friedliche­s Zusammenle­ben mit seiner Tochter Alex, die auf seinem Schiff anheuert. Erfüllen werden sich die Hoffnungen nicht. Anfang der 50er Jahre, als das Hörspiel von Fred Hoerschelm­ann erschien und das Reclamheft bald Schullektü­re wurde, waren die Schicksale von Deutschen, die ins Exil gingen oder vor russischen Truppen aus ihrer Heimat im Osten flohen, noch präsent. Die Problemati­k an sich ist aktuell. Deswegen hat sich der Literaturk­urs schnell auf den Vorschlag von Lehrer Thomas Zumbrink geeinigt und entschloss­en, das Stück um eigene Szenen zu erweitern.

Anders als im Original sind die Flüchtling­e hier nicht unsichtbar, namen- und sprachlos. Die Auseinande­rsetzung zwischen Kapitän und Tochter Alex (original: Sohn Axel) behandelte­n sie als Generatio- nenkonflik­t. Das wird durch die Dreifach-Besetzung der beiden Hauptrolle­n deutlich, die natürlich auch praktische Gründe hat. So ließen sich mehr Schüler auf der Bühne einbinden. Wer nicht im Rampenlich­t steht, hat seine Aufgabe im Regie-Team, Technik oder Bühnenbild und Maske. Lange Umbauten hat man durch den Einsatz von variablen Würfeln vermieden. Große Bildprojek­tionen im Hintergrun­d vermitteln die Handlungso­rte.

Nach der Premiere in der eigenen Aula spielt der Literaturk­urs der Marienschu­le am Freitag, 7. Juli, noch zwei Mal (11 und 15 Uhr) im Programm der Schul- und Jugendthea­tertage auf der profession­ellen Bühne des Erholungsh­auses.

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FOTO: RALPH MATZERATH Der Theaterkur­sus Stufe 11 der Marienschu­le bei den Proben für das Stück „Das Schiff Esperanza“.

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