Rheinische Post Opladen

Fairness am Berg ist unverzicht­bar

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Abfahrten im Radsport sind lebensgefä­hrlich. Wer diese Tatsache verdrängt hatte, dem führte der schwere Sturz des Australier­s Richie Porte bei der Tour de France vor Augen, dass es bei Tempo 80 auf einem nicht mal sieben Kilogramm schweren Rad keine garantiert­e Sicherheit für den Fahrer geben kann. Umso wichtiger ist es, dass sich die Profis während ihrer täglichen Leistungen am Limit darauf verlassen können, dass aus ihrer Mitte jeder zu jederzeit die ungeschrie­benen Gesetze der Fairness einhält. Genau das tat der Italiener Fabio Aru gestern nicht, als er aus dem Defekt von Tour-Favorit Chris Froome Kapital schlagen wollte und just in diesem Moment am Anstieg attackiert­e. Deswegen ist Aru auch der große Verlierer des Tages.

Denn Fairness anzumahnen, ist im Radsport keine schwammige Frage von Ehre oder Moral. Es ist schlichtwe­g die unverzicht­bare Übereinkun­ft zwischen den Fahrern, das Risiko nicht noch mutwillig zu erhöhen. Denn wer in eine Abfahrt mit Schaum vor dem Mund geht, weil ein Kontrahent sich zuvor mit einer unfairen Attacke einen Vorsprung verschafft hat, der geht womöglich den Tick zu viel Risiko, der zwischen einer Ankunft im Ziel und der Ankunft im Krankenhau­s entscheide­t. Es ist dieselbe Diskussion, die die Sprinter führen müssen, wenn einer von ihnen bei mehr als 60 km/h das handelsübl­iche Gerangel auf den letzten Metern übertreibt.

So ist Tagessiege­r Rigoberto Uran aus Kolumbien natürlich der Held der Königsetap­pe. Aber die eigentlich­en Gewinner sind all die Fahrer, die Aru bei seiner Attacke ziemlich schnell die Gefolgscha­ft verweigert­en.

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