„Dümmster Räuber“träumt von einem normalen Leben
Mit Hilfe einer Bombenattrappe wollte ein 31-jähriger Dachdecker und Familienvater eine Leverkusener Bankfiliale ausrauben. Und verlor die Nerven.
KÖLN/LEVERKUSEN Was der Bonner Rechtsanwalt Carl Heidenreich über seinen Mandanten sagt, der wie ein Häufchen Elend neben ihm in Saal 23 des Kölner Landgerichts kauert, ist wenig charmant: „Er ist der dümmste Räuber, der mir in meiner bisherigen Laufbahn über den Weg gelaufen ist.“Das habe der Angeklagte aber auch selbst schon gesagt. Der 31-Jährige nickt ohne dabei aufzublicken.
Angeklagt ist er wegen schwerer räuberischer Erpressung. Er gesteht am ersten Prozesstag, dass er am 12. Mai vergangenen Jahres mit einer selbst gebastelten Bombenattrappe in eine Sparkassen-Filiale am Münsters Gäßchen marschiert ist, weil er Geld brauchte. Er schob der Mitarbeiterin einen Briefumschlag hin, in dem ein Zettel war. „Steck die Scheine da rein, ansonsten geht das in 30 Sekunden hoch“, stand darauf. Er zeigte der Frau seine Bombenattrappe, an der ein rotes Lämpchen blinkte.
Die Mitarbeiterin reagierte nicht so schnell, wie er es sich erhofft hatte. Der Angeklagte verlor die Nerven und rannte ohne Beute davon. Mit einem Rad, das er kurz vor dem Überfall gestohlen hatte, fuhr er zum Bahnhof. Zwei Zeugen waren ihm noch nachgerannt, doch er entkam und setzte sich in einen Zug nach Köln. Auf den Bildern der Überwachungskameras war er später deutlich zu erkennen. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich zu maskieren.
Doch es war nicht sein erster Überfall. Einen Monat vorher, am Jonas S. 8. April, ging er morgens in ein Kölner Lohnsteuerfinanzierungsbüro – auch in diesem Fall mit einer Bombenattrappe. Er hatte sie aus einer leeren Getränkedose gebastelt, die er mit Panzertape umwickelte und ein rotes Lämpchen einer Kamera daran montierte. „Sie haben 30 Sekunden Zeit bis Ihnen hier alles um die Ohren fliegt“, sagte der gelernte Dachdecker zu einem Mitarbeiter, von dem er Geld verlangt hatte. Der gab ihm fast 4000 Euro, mit denen der 31-Jährige sich davonmachte.
Der Angeklagte bereut offenbar seine Taten. Er hat einen kleinen Sohn, noch keine zwei Jahre alt. Mit der Kindsmutter ist er schon eine ganze Weile zusammen, im Gefängnis haben sie nun geheiratet. „Er träumt davon, irgendwann mit dieser Familie ein normales Leben zu führen“, sagt sein Anwalt.
Doch was treibt den Dachdecker, der als Adoptivkind in einem behüteten Akademikerhaushalt aufgewachsen ist, dazu, immer wieder straffällig zu werden? Und auch wenn er sich „laienhaft“anstellt, wie der Vorsitzende Richter sagt, jede Menge Fingerabdrücke hinterlässt, sich nicht maskiert, so war er doch auch schon erfolgreich: Mit einer Gaspistole überfiel er im November 2015 eine Bank in Paffrath, erbeutete mehr als 20.000 Euro. Und in der Tankstelle an der Raststätte Ohligser Heide bedrohte er den Verkäufer mit einer Spielzeugpistole – der gab ihm etwa 3000 Euro. Der 31Jährige hatte immer keinen Cent mehr, wenn er zum Täter wurde. Mit sechs Monaten Mietrückstand im Nacken stiefelte er los, im Blick immer seine Familie, für die er sorgen wollte. Die Ehefrau wusste von den Überfällen nichts, dachte, das Geld sei von den Schwiegereltern.
„Sie haben 30 Sekunden Zeit, bis Ihnen hier alles um die Ohren fliegt.“ bei einem Überfall