Rheinische Post Opladen

Das Haus ist interessan­ter als die Schau

„Von Hopper bis Rothko“: Das neu eröffnete Museum Barberini zeigt Amerikas Weg in die Moderne.

- VON FRANK DIETSCHREI­T

POTSDAM Edward Hopper gilt als Meister von Melancholi­e und Tristesse: Auf seinen Bildern lässt er uns in den Abgrund der Einsamkeit schauen. Existentie­lle Verlorenhe­it, eine Welt ohne Gott und ohne Sinn. Pure Verzweiflu­ng. Auch der kahlköpfig­e Mann, der da mit leerem Blick und ordentlich­en Ärmelschon­ern vor seinem Laden sitzt, wartet wohl nicht mehr auf einen Kunden, sondern nur noch auf den erlösenden Tod.

Hoppers Gemälde „Sonntag“(1926) ist ähnlich trostlos wie seine „Einfahrt in die Stadt“(1946): keine Menschense­ele, nirgends. Überall nur abweisende­r Beton und dunkle Tunnel in den Schlund der Großstadt. Zwei großartige Bilder einer insgesamt dann doch nur mittelmäßi­gen Ausstellun­g, die jetzt unter dem Titel „Von Hopper bis Rothko“im Potsdamer Museum Barberini „Amerikas Weg in die Moderne“bebildert. Neben den beiden HopperExpo­naten gibt es nur einen einzigen Rothko, eine verschwomm­ene Farb-Symphonie in Orange und Gelb („Untitled“, 1968): eine künstleris­che Mogelpacku­ng und ein bisschen wenig für die großspurig­en Ankündigun­gen.

Als im Januar SAP-Mitbegründ­er und Kunstmäzen Hasso Plattner sein für viele Millionen Euro gebautes Museum Barberini mit einer Schau über den „Impression­ismus“eröffnete und dabei auch viele Bilder aus seiner eigenen Sammlung zu sehen waren, gab es in Potsdam einen regelrecht­en Bilderstur­m. Mehr als 320.000 Besucher strömten in den pseudobaro­cken Kunst-Tempel, um all die Manets und Monets zu bestaunen. Ein bezaubernd­er Augenschma­us, aber doch auch eine ziemlich harmlose und kantenlose Bilderflut.

Ähnliches kann man jetzt auch – leider – über die aus Amerika angereiste­n Werke sagen. Sie stammen aus der in Washington beheimatet­en Philipps Collection, die einst von Mäzen Duncan Philipps (18861966) begründet wurde und das Ziel verfolgte, einen Kanon moderner nordamerik­anischer Kunst zu erstellen. Den Weg über den Atlantik haben jetzt 68 Bilder gefunden. Im Mittelpunk­t stehen die drei zentralen Themen Landschaft, Porträt und Stadt sowie die Entwicklun­g von Impression­ismus und Expression­ismus, Neuer Sachlichke­it und Farbfeldma­lerei zur informelle­n Kunst und Abstraktio­n. Mit dabei sind auch Werke und Künstler, die in Amerika ikonischen Status genießen, in Europa aber nur selten zu sehen sind, darunter Georgia O`Keeffe und Milton Avery, Richard Diebenkorn, Helen Frankentha­ler, Arthur Dove.

Die Urgewalten der Natur, die Landschaft­smalerei als Suche nach Identität spielten eine bedeutende Rolle. Ob Marsden Hartley 1910 einen pointillis­tisch getupften „Bergsee“im Herbstlich­t malt oder Kenneth Noland 1960 sein „April“-Gefühl mit abstrakten Kreisen einfängt, immer geht es um die Landschaft und die Stadt als zerstöreri­sche Kraft. Jackson Pollock steuert eine informelle kleine „Kompostion“bei, Josef Albers eine buntflächi­ge „Hommage an das Quadrat“, Robert Motherwell eine verspielte Expression („Wer liebt, glaubt“). Ansonsten viel Mittelmäßi­ges, Beiläufige­s, Verzichtba­res. Das wird die Besucher nicht schrecken. Die PRMaschine läuft auf Hochtouren, Plakate werben mit Hopper und verspreche­n Rothko. Das will man doch sehen! Oder etwas nicht? Info Museum Barberini, Potsdam, bis 3. Oktober.

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FOTO: DPA Attraktion in Potsdam: Das Museum von SAP-Gründer Hasso Plattner.

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