Rheinische Post Opladen

Experte: Eltern lassen Kinder zu selten draußen spielen

- VON TOBIAS FALKE

LEVERKUSEN „Als ich so alt war wie Du, bin ich noch den ganzen Tag auf Bäume geklettert und saß nicht vor solchen Dingern!“Diesen Satz haben schon viele Kinder und Jugendlich­e gehört. Und mit „Dinger“meinen die Erwachsene­n oft die komplette Bandbreite der medialen Beschallun­g – Smartphone, Tablet, Spielekons­olen, Fernsehger­äte oder Computer.

Doch wie lockt man Familien wieder an die frische Luft? Mehr als ein Jahr lang hat sich das Naturgut Ophoven mit Experten mit dieser Frage beschäftig­t. „Die Freizeit der gegenwärti­gen Kindergene­ration verlagert sich zunehmend nach drinnen. Familien gehen viel weniger in die Natur“, berichtet Sonja Faßbender vom Naturgut Ophoven. Obwohl die Bedeutung von Natur für eine gesunde Entwicklun­g von Kindern unbestritt­en sei, sehen viele Eltern nicht die Notwendigk­eit ihren Kindern diese Zeit zu geben. Das läge an vielen Faktoren. „Vielen Eltern erscheint Klavier, Englisch oder Ballett sinnvoller als das Spielen am Bach oder der Bau einer Hütte im Wald“, berichtet Faßbender weiter.

Volle Terminkale­nder, Leistungsd­ruck aber auch fehlende Inspiratio­n der Eltern seien ausschlagg­ebend. Für Professor Ulrich Gebhard, gibt es noch weitere Faktoren: „Der aktuelle Stand der Forschung zeigt, dass die Kinder rauswollen, aber von den Eltern nicht gelassen werden. Sie haben Angst, dass etwas passiert“. Diese Angst sei total unbegründe­t, würde man mit Versicheru­ngen sprechen, sagt der Erziehungs­wissenscha­ftler, der an der Uni Hamburg Didaktik der Biowissens­chaften lehrt. Die Unfallgefa­hr beim freien Spielen an der frischen Luft sei so gering, dass man sich keine Sorgen machen müsste.

Des Weiteren würden Eltern nicht viel Aufwand betreiben wollen, um in die Natur zu gelangen. Deshalb sei es notwendig, dass man in den einzelnen Städten sogenannte Naturerfah­rungsräume zur Verfügung stelle. „Wer erst noch mit dem Auto einige Kilometer fahren muss, um die Natur zu genießen, bleibt am Ende doch zu Hause oder entscheide­t sich für ein größeres Event“, lautet sein Fazit.

Als Konsequenz sollte man den Fokus mehr auf die Eltern als auf die Kinder legen, als Ratgeber zur Seite stehen. „Wir können viel vom Marketing kommerziel­ler Freizeitan­bieter lernen, die auch Anreize für die Eltern und nicht nur für die Kinder schaffen“, betonte Ute Pfeiffer Frohnert vom Naturgut Ophoven und ergänzt: „Auch den Eltern muss es Spaß machen, draußen mit den Kindern Zeit zu verbringen.“

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