Torlos im Topspiel
Deutschland und Schweden, die Favoriten in der Gruppe B, trennen sich zum EM-Auftakt 0:0.
BREDA Die Nassau-Stadt Breda kann auf eine imposante Geschichte zurückblicken. Das hat sie vor allem dem niederländischen Königshaus zu verdanken, das einen Gefallen an der Provinz Nordbrabant gefunden hat und schmucke Bauwerke über die Jahrhunderte finanzierte. Für die Fußball-Europameisterschaft der Frauen hat sich Breda nicht eigens herausgeputzt. Genauer gesagt hat sie fast überhaupt keine Notiz von dem Ereignis genommen. Kaum Hinweisschilder, nur vereinzelt Plakate, kein Straßen-Café, das in dem landestypischen Oranje dekoriert wurde. Immerhin hat sich, vor dem ersten Gruppenspiel zwischen Deutschland und Schweden, eine gemeinsame Delegation beider Länder in einem Fanmarsch von der Innenstadt zum Stadion begeben.
Die Begeisterung während dieser EM ist sicherlich noch ausbaufähig. Das gilt auch für das Spiel der deutschen Mannschaft, die sich mit einem 0:0 in der Begegnung der beiden Favoriten in der Gruppe B begnügen musste. Bundestrainerin Steffi Jones hat sich für ihr erstes großes Turnier mit der DFB-Auswahl einiges vorgenommen. Ihre Vorgängerin Sylvia Neid, die nun als Leiterin der neuen Scoutingabteilung Frauen- und Mädchenfußball im Deutschen Fußball-Bund (DFB) arbeitet, hat ihr ein schweres Erbe hinterlassen. Damit ist vor allem die Titelsammlung gemeint. Seit 1995 hat Deutschland den Kontinentalwettbewerb immer gewinnen können. Jones würde diese Serie gerne fortsetzen, allerdings mit einem bislang immer etwas vernachlässigten Element: einem schönen Spielstil.
Die Statistik machte Mut für eine positive Fortsetzung der Geschichte im bei weitem nicht ausverkauften Rat Verlegh Stadion. Deutschland hatte seit 22 Jahren in Pflichtspielen nie gegen Schweden verloren (elf Siege in 13 Duellen), zuletzt ging die DFB-Auswahl im Olympiafinale vergangenen Sommer in Rio (2:1) als Sieger vom Platz. Zudem hat der zweimalige Weltmeister noch nie ein EM-Auftaktspiel verloren. Doch die Schwedinnen zeigten schnell, dass sie nicht willens waren, allzu viel Respekt zu zeigen. Im ersten Durchgang konnte sich Titelverteidiger Deutschland keine echte Torchance erspielen, weil die Kontrahentinnen durch ihr kompaktes Auftreten die Räume extrem eng machten.
Die DFB-Auswahl, der für den angepeilten neunten EM-Gewinn eine Rekordprämie in Höhe von 37.500 Euro winkt, versuchte, mit dem von Jones angekündigten System des von kreativen Ballbesitzfußballs dagegenzuhalten. Das funktionierte anfangs nur sporadisch. Immer wie- der gelangen frühe Ballgewinne, doch im Umschaltspiel stellten sich Kapitänin Dzsenifer Marozsan und Co. zu umständlich an. Die Mittelfeldspielerin von Olympique Lyon war die Antreiberin des deutschen Offensivspiels, suchte immer wieder den schnellen Pass auf Anja Mittag im Zentrum. Und wenn sich dann doch mal etwas Vielversprechendes sich anbahnte, stand die Unparteiische Katalin Kulcsar (Ungarn) im Weg, für die das Spieltempo eine paar Umdrehungen zu schnell war.
Deutschland zog im zweiten Durchgang das Tempo weiter an. Und versuchte einen Weg zu finden, das von Pia Sundhage perfekt eingestellte schwedische Abwehrbollwerk zu knacken. Mal mit Freistößen (Marozsan), mal mit Direktschüssen wie von Sara Däbritz (FC Bayern München). Am Ende allerdings ohne die nötige Finesse, um eine Lücke zu finden. Eine riesengroße Chance der Schwedinnen konnte die ansonsten weitgehend beschäftigungslose Torhüterin Almuth Schult herausragend.
Die weiteren Aufgaben in der Gruppenphase dürften für die Deutschen nicht ganz so knifflig werden wie der Auftakt. Italien und Russland sind sicher nicht so stark wie Schweden.