Rheinische Post Opladen

Überfall: Fahrer aus Haft entlassen

Eine direkte Beteiligun­g an dem Überfall auf zwei Rentner in Dierath ist dem 25-Jährigen bislang nicht nachzuweis­en.

- VON SIEGFRIED GRASS

LEICHLINGE­N Den Augenblick gestern um 14.14 Uhr dürfte der 25Jährige, der auf der Anklageban­k im Saal 27 des Kölner Landgerich­ts saß, so schnell nicht vergessen. Die 18. Große Strafkamme­r unterbrach die Sitzung für wenige Minuten, um anschließe­nd zu verkünden: Der Haftbefehl wird ausgesetzt.

Im Laufe der bislang zweitägige­n Verhandlun­g zeichnet sich schon ein eher mildes Urteil ab. Eine Beteiligun­g an dem Raubüberfa­ll an dem Rentner-Ehepaar in Dierath am 23. Juni vergangene­n Jahres war dem Mann nur indirekt nachzuweis­en. Er wusste zwar, dass er seine Kumpels zu etwas fahren sollte, was widerrecht­lich war. Dass er aber hätte wissen können, dass der Einbruch so eskalierte und die Form eines schweren Raubüberfa­lls und Menschenra­ubs annahm, konnte ihm nicht nachgewies­en werden.

Zuletzt hörte sich das Gericht die Schilderun­g der Kriminalpo­lizistin an, die den Fahrer nach seiner späten Verhaftung im Februar 2017 vernommen hatte. Doch auch da hatte er keine anderen Angaben gemacht. Folglich sah es das Gericht bei derzeitige­m Erkenntnis­stand als „nicht verhältnis­mäßig an“, den Angeklagte­n weiter in Haft zu behalten.

Das Urteil ist damit noch nicht gesprochen, das wird am Dienstag erwartet. Zu diesem Termin muss der gelernte Einzelhand­elskaufman­n noch einmal vor Gericht erscheinen. Ein vollkommen­er Freispruch dürfte für ihn zwar kaum in Frage kommen, aber einige Monate einer zu erwartende­n Strafe hat er bereits als Untersuchu­ngshäftlin­g abgesessen. Eine Fluchtgefa­hr besteht nach Einschätzu­ng der Richter nicht.

Wie ging’s gestern weiter? Der Vater saß im Zuschauerr­aum, ihm kamen die Tränen. Mit ihm verließ der Sohn das mächtige Gerichtsge­bäude. Der Angeklagte hätte auch noch einmal in die Justizvoll­zugsanstal­t gebracht werden können, um dort seine persönlich­en Sachen abzuholen. Das wollte er aber nicht mehr – ein Zeichen dafür, wie sehr ihn die Unterbring­ung in der geschlosse­nen Abteilung belastet hatte.

Am Vormittag wurde die Richterin aus dem ersten Prozess noch als Zeugin gehört. Sie fasste die im März und April von ihr geführte neuntägige Gerichtsve­rhandlung zusammen. Erneut wurde deutlich, wie brutal die fünf von ihr verurteilt­en Männer vorgegange­n waren, warum die teilweise sehr hohen Strafen bis zu zehn Jahren angemessen sind. Die von der Richterin damals verkündete­n Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig, sie wurden dem Bundesgeri­chtshof zur Revision vorgelegt.

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FOTO: MISERIUS (ARCHIV) Die Männer überfielen das Ehepaar am 23. Juni 2016.

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