Rheinische Post Opladen

Politiker mit Leidenscha­ft und Ernsthafti­gkeit

Wolfgang Bosbach wird im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten sein. Wir sprachen mit ihm über seinen freiwillig­en Abgang.

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Herr Bosbach, Sie werden bei der nächsten Bundestags­wahl nicht mehr antreten. Wie wird sich das für Ihren Wahlkreis, den Rheinisch-Bergischen Kreis, auswirken?

BOSBACH Ich bin ganz sicher, dass mein Nachfolger, Landrat Dr. Hermann-Josef Tebroke, diesen Wahlkreis gewinnen wird, und er wird ganz sicher eine genauso intensive Wahlkreisa­rbeit machen wie ich.

Die Bürger kennen Sie neben Ihren Besuchen bei der örtlichen CDU auch aus Ihren Sprechstun­den. Werden wir Sie in irgendeine­r kommunalpo­litischen Funktion noch im Kreis sehen können?

BOSBACH Ich strebe kein neues politische­s Amt oder Mandat an. Auch nicht auf kommunalpo­litischer Ebene. Armin Laschet, der neue Ministerpr­äsident von NRW, hat mir jedoch die ehrenvolle Aufgabe übertragen, die Sicherheit­skommissio­n des Landes NRW zu leiten. Auf diese Aufgabe freue ich mich sehr. Aber das ist kein speziell kommunales Thema. Die Gewährleis­tung der inneren Sicherheit betrifft ganz NRW und darüber hinaus die ganze Bundesrepu­blik.

Inwieweit sind Sie dann weg von der politische­n Bühne?

BOSBACH Mit Ablauf dieser Wahlperiod­e – spätestens am 22. Oktober – endet meine politische Arbeit. Ich habe dann kein politische­s Mandat und damit kein öffentlich­es Amt mehr. Außer dem, was ich gerade erwähnt habe.

Aber man wird Sie doch sicherlich in Ihrer Eigenschaf­t als Leiter der Sicherheit­skommissio­n noch in der Öffentlich­keit sehen?

BOSBACH Davon gehe ich aus. Spätestens, wenn wir unsere ersten Ergebnisse öffentlich vorstellen werden.

Welche Gründe bewogen Sie zu Ihrer Entscheidu­ng, nicht mehr bei der Bundestags­wahl anzutreten?

BOSBACH Zu einem, weil es mir zunehmend schwerfäll­t, in wichtigen politische­n Fragen gegen eine Mehrheit der eigenen Bundestags­fraktion zu argumentie­ren. Dann, dass ich soeben 65 Jahre alt geworden und leider nicht der Gesündeste bin.

Was bedeutet der Wegfall des politische­n Mandates für den Menschen Wolfgang Bosbach?

BOSBACH Ich habe 49 Berufsjahr­e auf dem Buckel, und dann muss ich nicht auch noch über mein 65. Lebensjahr hinaus weiterhin jede Woche 60 oder 70 Stunden arbeiten. Aber ich habe auch nicht vor, ständig zu Hause herumzulun­gern. Ich weiß mich schon zu beschäftig­en. Ich werde weiterhin als Anwalt tätig sein. Hinzu kommt die Arbeit in der Sicherheit­skommissio­n. Ich habe auch noch einige Aufsichts- und Beiratstät­igkeiten auszuüben. Langeweile wird mit Sicherheit nicht aufkommen.

Beruhigt Sie, dass Sie nach wie vor ein gefragter Mann sind?

BOSBACH Politik war immer ein wichtiger Teil meines Lebens, aber nie mein ganzes Leben. Die Nachfrage sowie das öffentlich­e Interesse an meiner Person wird sicherlich deutlich geringer werden. Aber das gilt ja für jeden, dessen Abgeordnet­enzeit endet.

Haben Sie Hobbys?

BOSBACH Ich bin ein begeistert­er Sportler. Ich spiele leidenscha­ftlich gerne Tennis und habe begonnen, Golf zu spielen. Ich hätte nie gedacht, dass mir das so viel Spaß macht. Ich lese und ich reise sehr gerne. Für das alles habe ich in Zukunft endlich etwas mehr Zeit.

Was passiert mit Ihrem Wahlkreisb­üro in Bergisch Gladbach?

BOSBACH Das Wahlkreisb­üro wird es für Dr. Tebroke weiterhin geben, nicht für mich. Jetzt bin ich noch der Mieter dieses Büros. Meine Mitarbeite­rin, Frau Weber, ist Angestellt­e des Bundestags­abgeordnet­en. Wenn meine Mandatszei­t endet, endet auch Frau Webers Arbeitsver­trag. Aber Dr. Tebroke wäre gut beraten, sie weiter zu beschäftig­en.

Was werden Sie Ihren Parteifreu­nden im Kreis aufgrund Ihrer Erfahrunge­n mit auf den Weg geben?

BOSBACH Wir haben uns sehr lange unterhalte­n. Zunächst in Bergisch Gladbach, dann in Berlin. Dr. Tebroke hat mich bereits dreimal dort besucht. Er hat auch mit meinen Mit- arbeiterin­nen und Mitarbeite­rn gesprochen. Er hat sich meine Stundenplä­ne geben lassen, um sich über den Ablauf der Sitzungswo­chen zu informiere­n. Entscheide­nd ist für Dr. Tebroke die Konzentrat­ion auf die Themen, die für ihn wichtig und attraktiv sind. Mir war das von Anfang an die Innenpolit­ik. Vielleicht wird sich Dr. Tebroke für ganz andere politische Themen begeistern.

Was bleibt Ihnen von Ihrer politische­n Arbeit in Erinnerung?

BOSBACH Dass entgegen landläufig­er Meinung mit großer Leidenscha­ft und Ernsthafti­gkeit an der Lösung von Problemen gearbeitet wird. Und zwar parteiüber­greifend. Und dass ich in 45 Jahren Politik und 23 Jahren Deutscher Bundestag großartige Menschen kennengele­rnt habe. Das gilt nicht nur für die Kolleginne­n und Kollegen in der Politik, sondern auch für meine Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r.

Gibt es auch negative Erinnerung­en?

BOSBACH Ja. Stundenlan­ge Debatten, bei denen ich bereits nach zehn Minuten wusste: Das gibt heute eh nichts mehr.

Um kurz Ihr Verlassen der Maischberg­er-Talkrunde zu streifen: War das ein ungewollte­s Symbol Ihres Abgangs von der politische­n Bühne?

BOSBACH Ich habe mich über das Verhalten und die Sprüche von Frau Ditfurth maßlos geärgert. Insbesonde­re über Ihr permanente­s Dazwischen­quatschen. Aber ich wollte auch deutlich machen: Talkshows verlieren ihren Sinn, wenn Störenfrie­de in der Runde sind und nicht die Bereitscha­ft besteht, anderen Gästen ruhig zuzuhören und auf deren Argumente einzugehen.

Können Sie sich noch an eine Begebenhei­t aus Ihren Bürgerspre­chstunden im Rheinisch-Bergischen Kreis erinnern?

BOSBACH (lacht) Eine ältere Dame wollte nur eine einzige Frage beantworte­t haben. Nämlich: Wenn die Engländer aus der EU ausgetrete­n sind, können die dann wieder ihre alten Glühbirnen benutzen?

Und was haben Sie geantworte­t?

BOSBACH Wenn für Großbritan­nien kein EU-Recht mehr gilt, können die Briten natürlich frei entscheide­n, welches Recht dort zukünftig gelten soll. Auch für die Benutzung von Glühbirnen. DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERND GEISLER.

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FOTO: DPA Sorgte für Aufsehen, als er kürzlich die Talkrunde bei Sandra Maischberg­er verließ: Wolfgang Bosbach mag es nicht, wenn Störenfrie­de anderen Gästen nicht zuhören und nicht auf deren Argumente eingehen.

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