Rheinische Post Opladen

Ein Böhme in Dresden: Zelenkas Kammermusi­k

- VON WOLFRAM GOERTZ

An dem engen Horizont, der sich bei unserem Blick auf die Musikgesch­ichte auftut, treten zur Barockzeit nur zwei Komponiste­n überscharf hervor: der Gigant Bach und der gelegentli­ch unterschät­zte Händel. Es gab aber noch einen dritten Meister, der das Zeug zum Genie hatte, ach was: Er war eines, und es ist an der Zeit, ihm einen Platz an diesem Horizont zuzuweisen.

Es handelt sich um Jan Dismas Zelenka (1689–1745), der aus Böhmen stammte, als Kontrabass­ist begann, dann bei Johann Joseph Fux in Wien Kompositio­n studierte und zeitlebens am Dresdner Hof wirkte. Dort wurde ihm aus unerfindli­chen Gründen Johann Adolf Hasse als Kapellmeis­ter vorgezogen. Vermutlich war Zelenka zu gut, zu originell, und die Dresdner liebten es konvention­eller. Immerhin war er Hofkomponi­st, das war seiner Kompetenz zwar nicht angemessen, aber Zelenka konnte es sich nicht aussuchen. Zurück in die Heimat wollte er nicht.

Bach hat ihn, wie wir wissen, außerorden­tlich geschätzt – und vielleicht hat er die sechs Triosonate­n für zwei Oboen, Fagott und Basso continuo sogar gekannt. Bach, der Meister der Qualität, hätte einiges zu schätzen, ja zu bewundern gehabt. Auch hier bestaunt man Zelenkas Expressivi­tät, seine Vorliebe für Stimmungsu­mschwünge, eine bachische Detailarbe­it – und einen harmonisch­melodische­n Reichtum, der einen staunen macht. Man muss sich nur anhören, wie Zelenka in der F-DurSonate dem Fagott zu Kostbarkei­ten verhilft. Das Collegium 1704 unter Václav Luks musiziert so exzellent, wie es einem Rettungs- und Erinnerung­sunternehm­en gebührt. Vielleicht hört man diese Musik künftig öfter. Bachs Segen hat sie. Label Accent (Note 1)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany