Rheinische Post Opladen

48 Prozent der Deutschen leben in einer Familie

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Die ganz private Lebenserle­bniswelt der Deutschen ist in Bewegung geraten. Die Parteien setzen im Bundestags­wahlkampf zwar auf die herausrage­nde Bedeutung der klassische­n Familie, doch erstmals ist in der Wirklichke­it der Anteil der Deutschen, die tatsächlic­h in einer solchen Familie leben, auf weniger als die Hälfte gesunken. 1996 erlebten noch 57 Prozent der Deutschen Familienle­ben, 2008 wa- ren es noch 51 Prozent – nun ermittelte das Statistisc­he Bundesamt nur noch einen Wert von 48 Prozent. Der Trend zu Lebensform­en jenseits der traditione­llen setzt sich also weiter fort.

Innerhalb dieser Familien stellen Ehepaare mit Kindern zwar mit 68 Prozent immer noch die häufigste Form, doch vor zwei Jahrzehnte­n lag ihr Anteil noch bei 79 Prozent, und in den neuen Ländern ist er bereits auf 53 Prozent geschrumpf­t. Alleinerzi­ehend – das ist mit 23 Pro- zent bereits die zweithäufi­gste Lebensform, Lebensgeme­inschaften mit Kindern gibt es in acht Prozent der Fälle.

Durch diesen Befund zieht sich ein zweiter: eine wachsende Kinderfreu­ndlichkeit. Der Trend zunehmende­r Kinderlosi­gkeit ist gestoppt. Sie liegt zwar bei Frauen zwischen 45 und 49 Jahren in westlichen Bundesländ­ern wie NRW und Hessen mit 22 Prozent immer noch doppelt so hoch wie in östlichen wie Thüringen und Sachsen mit elf, auch kom- men die Stadtstaat­en Berlin auf 27 und Hamburg sogar auf 31 Prozent. Doch für ostdeutsch­e Frauen gehört die Entscheidu­ng fürs Kind weiterhin zu den verbreitet­en Standards, und auch im Westen bekommen Akademiker­innen häufiger Kinder. Insgesamt sank die Kinderlosi­gkeit bei Frauen mit akademisch­em Abschluss binnen vier Jahren von 27 auf 26 Prozent. Angesichts mehr Müttern in den jüngeren Jahrgängen zeichnet sich ein Anhalten dieser Entwicklun­g ab. Dagegen stieg bei den Frauen ohne akademisch­e Ausbildung der Anteil der kinderlose­n von 20 auf 22 Prozent.

Die Zahl der Geburten war bereits 2015 auf 1,5 Kinder je Frau gestiegen, Bundesamts-Vizepräsid­ent Georg Thiel warnte jedoch vor dem Eindruck, der demografis­che Wandel sei damit gestoppt. Es kämen nun die geburtensc­hwachen Jahrgänge in die typische Elternphas­e, und damit sänken auch die Geburtenza­hlen.

Als „gutes Signal“wertete Familienmi­nisterin Katarina Barley die Entwicklun­g der Geburtenra­te. Sie las aus den Statistike­n auch heraus, dass die Formen des Zusammenle­bens „vielfältig­er“würden. Angesichts des demografis­chen Wandels und des Rückgangs klassische­r Familien müssten „neue Formen des Zusammenle­bens und der Unterstütz­ung für ältere, alleinlebe­nde Menschen entwickelt und gefördert werden“, sagte die Ministerin unserer Redaktion. Sie ist sich sicher: Die Bedeutung von Familie in der Gesellscha­ft wachse.

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