Rheinische Post Opladen

Briten planen Diesel-Aus ab 2040

Die Regierung will den Verkauf von Diesel- und Benzinauto­s verbieten. Die Bundesregi­erung ist gegen ein solches Verbot, um die CO2-Ziele nicht zu gefährden. Doch Oliver Wittke (CDU) sieht Handlungsb­edarf.

- VON ANTJE HÖNING UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF Der Druck wächst. Nun will Großbritan­nien den Verkauf von Diesel- und Benzinauto­s ab 2040 verbieten. Das kündigte der britische Umweltmini­ster Michael Gove an. Diesel- und Benzinfahr­zeuge verursacht­en Gesundheit­sprobleme und schadeten dem Klima. „Die Konservati­ven haben in ihrem Manifest versproche­n, dass bis 2050 keine Diesel- oder Benzinfahr­zeuge mehr auf unseren Straßen sind.“Unter das Verkaufsve­rbot sollen auch Hybridauto­s fallen, die mit einem Elektro- und Verbrennun­gsmotor ausgestatt­et sind. Frankreich will den Verkauf von Verbrennun­gsmotoren bis 2040 einstellen. Die Grünen fordern den Ausstieg 2030, Greenpeace bis 2025.

Die Bundesregi­erung hält nichts davon. „Ein Verbot von Diesel-Fahrzeugen oder Benzinern steht derzeit nicht auf der Agenda der Bundesregi­erung“, sagte die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin. Die Kanzlerin habe häufig davor gewarnt, den Diesel zu verteufeln, da er wegen seines geringen Ausstoßes an Kohlendiox­id klimafreun­dlicher sei als Benziner. Doch der Handlungsd­ruck ist groß. Selbst in der CDU regt sich Kritik. „Den Abschied von der Verbrennun­gstechnolo­gie werden wir kurzfristi­g einleiten müssen“, sagte Verkehrspo­litiker Oliver Wittke im „Deutschlan­dfunk“. Es gehe nicht an, dass Großbritan­nien den „Taktgeber“spiele, das europäisch­e Automobil-Land schlechthi­n aber hinterherh­inke. Seine Partei-

Kiel

freunde, die NRW-Minister Hendrik Wüst (Verkehr) und Christina Schulze Föcking (Umwelt), wollten sich nicht dazu äußern. Der Diesel macht gleich wegen zwei Arten von Emissionen ärger.

Stickoxide: Im vergangene­n Jahr wurde an der Hälfte der verkehrsna­hen Mess-Stationen der Grenzwert für Stickoxide überschrit­ten. Stickoxide können Kopfschmer­zen, Schwindel und eine Verengung der Bronchien auslösen. Laut EU darf die Stickoxid-Konzentrat­ion 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschrei­ten. In Stuttgart (Neckartor) lag die Stickoxid-Konzentrat­ion im Schnitt mehr als doppelt so hoch. Aber auch in München, Köln und Düsseldorf wurden die Grenzwerte überschrit­ten. Zwei Drittel der Stickoxid-Emissionen in Deutschlan­d stammen von DieselAuto­s. Eigentlich haben die Hersteller ihre Wagen mit Reinigungs­systemen (Abgasrückf­ührung, Katalysato­r, Adblue) versehen. Doch diese nutzen nichts, wenn zugleich Abschaltei­nrichtunge­n verbaut wurden, die die Reinigung auf der Straße, bei bestimmten Temperatur­en oder nach kurzer Zeit ausschalte­n.

Feinstaub: Feinstaub ist ein Gemisch aus flüssigen und festen Partikeln und wird von Autos (vor allem Diesel), Heizungen und Kraftwerke­n erzeugt. Feinstaub kann Schleimhau­treizungen, Bronchitis, Thrombosen und Herzerkran­kungen auslösen. Die Belastung ist in den vergangene­n Jahren dank der Partikelfi­lter zurückgega­ngen, doch das Bundesumwe­ltamt warnt: Jährlich erkranken und sterben in Euro- pa mehrere Hunderttau­send an den Folgen des Feinstaubs. Der EUGrenzwer­t liegt bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, er darf laut EU an höchstens 35 Tagen im Jahr überschrit­ten werden. Stuttgart kam 2016 auf 63 Tage.

Städte versuchen seit einiger Zeit, mit Luftreinha­lteplänen gegenzuhal­ten – ohne großen Erfolg. Die Deutsche Umwelthilf­e versucht nun, per Klage gegen Baden-Württember­g ein generelles Diesel-Fahrverbot in Stuttgart ab 2018 durchzuset­zen. Morgen will das Landgerich­t Stuttgart sein Urteil dazu bekannt geben. Abwegig sind solche Fahrverbot­e nicht: Paris, London und Madrid wollen den Diesel bis 2025 aus der Innenstadt verbannen.

Der Verband der Automobili­ndustrie (VDA) warnt dagegen: Ein Aus für Verbrennun­gsmotoren ab 2030 bedrohe bis zu 620.000 Jobs. Aufgabe der Politik sei es, Ziele zu definieren, aber nicht den Weg dorthin zu beschreibe­n.

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