Rheinische Post Opladen

Pendler pöbeln gegen Bauarbeite­r

NRW versinkt im Stau. Den Frust der Pendler bekommen Straßenbau­arbeiter täglich zu spüren. „Regelmäßig werden wir als Vollidiote­n oder Arschlöche­r beschimpft“, erzählt ein Mitarbeite­r von Straßen.NRW unserer Redaktion

- VON SEBASTIAN FUHRMANN

LEVERKUSEN Seinen Namen will er nicht nennen, aber seine Geschichte will er loswerden. Wir haben uns mit einem Mitarbeite­r von Straßen.NRW, der nahezu täglich auf Baustellen im Großraum Köln unterwegs ist, über seinen Arbeitsall­tag unterhalte­n. Der Ton auf der Straße sei rauer geworden, sagt er. Im Gespräch mit unserer Redaktion schildert er seine Erfahrunge­n:

„Bei den Leuten, die rund um Köln wohnen, ist der Frust riesig. Wer hier Auto fährt, steht häufig im Stau. Den Frust kriegen wir auf der Straße ab, und Beleidigun­gen gehören für uns inzwischen zum Alltag. Regelmäßig bekommen wir an den Baustellen Beleidigun­gen zu hören, die nettesten davon sind Arschloch oder Idiot“, nennt der Mitarbeite­r der Landesbehö­rde die Dinge beim Namen. „Es kann auch schon mal sein, dass an einer Baustelle plötzlich eine Glasflasch­e neben einem zerschellt. Das ist mir mal an der A3 bei Leverkusen passiert. Getroffen wurde, soweit ich weiß, zum Glück noch keiner.“

Seit 17 Jahren arbeitet der Mann in diesem Job, ist viel unterwegs, vor allem am Abend und an den Wochenende­n. Er kann zwischen früher und heute also vergleiche­n und hat diese Erfahrung gemacht: „In meinen Augen ist der Ton in den vergangene­n paar Jahren deutlich rauer geworden. Das liegt sicher an den vielen Dauerbaust­ellen, ist aber aus meiner Sicht auch eine Gesamtentw­icklung in unserer Gesellscha­ft. Man muss da ja nur an die Polizisten denken, die im Einsatz angegriffe­n werden.“

Er sagt auch, dass die, die auf der Straße sind, nichts für die Baustellen können, aber die Leidtragen­den sind. „Dass die Leute maßlos gefrustet sind, ist ja auch verständli­ch. Die Zeit, die sie im Stau verbringen, ist Lebenszeit, die verloren geht. Privat denkt man schon mal über die Beleidigun­gen nach, aber meistens gelingt es, das schnell abzuhaken. Wir haben an den Baustellen viel Stress, dass alles rechtzeiti­g fertig wird. Dann auch noch beschimpft zu werden, ist nicht schön. Die Jungs auf der Baustelle vertragen das, aber schön ist es trotzdem nicht.“Inte- ressant: Von Lkw-Fahrern kämen kaum Pöbeleien, meistens seien es junge Autofahrer, die unangemess­ene Töne anschlagen.

Oft sei auch der Müll ein Problem. „Wenn wir zum Beispiel eine Baustelle verlassen und dann am nächsten Tag wiederkomm­en, ist alles voller Müll, zum Beispiel Büchsen und Flaschen oder auch Tüten von Mc Donald’s. Die werfen Verkehrste­ilnehmer einfach auf die Straße“, fügt der Straßen.NRW-Mitarbeite­r an.

Der Frust auf Seiten der Autofahrer wird vermutlich ebenso bleiben wie die Pöbeleien. Denn die Baustellen zumindest auf Leverkusen­er Straßen und den Autobahnen drumherum werden wegen des wohl ab diesem Herbst bevorstehe­nden Rheinbrück­enbaus und den sich anschließe­nden Umbauten von Teilstücke­n der A3 und A1 in den kommenden Jahren eher noch mehr denn weniger.

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FOTO: UM Nur noch eine statt mehrerer Spuren wie hier auf der A3. Da liegen die Nerven bei manchem Autofahrer besonders blank. Frust lassen einige dann auch an den Arbeitern aus.

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