Rheinische Post Opladen

Krebsthera­pie: Ärzte kritisiere­n Heilprakti­ker

Ein Jahr nach dem Tod von drei Krebspatie­nten in Brüggen fordern Mediziner Konsequenz­en.

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KREIS VIERSEN (biro/saja) Vor rund einem Jahr starben drei Menschen – eine Niederländ­erin (43), ein Niederländ­er (55) und eine Belgierin (55) – kurz nach einer Behandlung in einem alternativ­en Krebszentr­um in Brüggen-Bracht im Kreis Viersen. Ein Heilprakti­ker hatte für die Behandlung den experiment­ellen Wirkstoff 3-Bromopyruv­at (3BP) eingesetzt. Seither ermittelt die Staatsanwa­ltschaft Krefeld gegen ihn wegen fahrlässig­er Tötung in drei Fällen – bislang noch ohne Resultat.

Der Heilprakti­ker darf weiterhin außerhalb des Kreises Viersen praktizier­en. Nach den Vorfällen hatte der Kreis Viersen dem Heilprakti­ker untersagt, weiter im Kreisgebie­t tätig zu sein. „Das gilt zunächst bis zum Abschluss der Ermittlung­en“, so ein Sprecher des Kreises. Wie die Stadt Krefeld mitteilte, wurde dem Heilprakti­ker die allgemeine Berufserla­ubnis nicht entzogen, weil das strafrecht­liche Verfahren noch nicht abgeschlos­sen sei. Ob er derzeit seinen Beruf ausübe, sei nicht bekannt. Über das Praktizier­en eines Heilprakti­kers entscheide die jeweilige Kommune, die Stadt Krefeld werde nicht in Kenntnis gesetzt.

Seit den Todesfälle­n sollen Untersuchu­ngen klären, ob es eine naturwisse­nschaftlic­h nachvollzi­ehbare Verbindung zwischen den Todesursac­hen der Krebspatie­nten und dem Wirkstoff 3-BP gibt. „Nach wie vor ist es schwierig, den Nachweis der Kausalität zu führen, da es sich um schwerkran­ke Menschen handelte“, erklärte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. „Die Gerichtsme­dizin forscht immer noch an den Nachweisme­thoden.“

Als Konsequenz aus den Todesfälle­n hatten Politiker und Ärzte strengere Regeln für Heilprakti­ker gefordert. Gesundheit­sstaatssek­retärin Annette Widmann-Mauz (CDU) versprach insbesonde­re eine kritische Prüfung der Zulassungs­regeln für Heilprakti­ker. Die damalige NRW-Gesundheit­sministeri­n Barbara Steffens (Grüne) erklärte, es bestehe „erhebliche­r Reformbeda­rf im Heilprakti­kerwesen“.

Laut Bundesgesu­ndheitsmin­isterium sollen Änderungen im Heilprakti­kergesetz, die Anfang 2017 in Kraft getreten sind, die Qualität der Überprüfun­g und den Patientens­chutz verbessern. Leitlinien für die Überprüfun­g von Heilprakti­keranwärte­rn, die Bund und Länder als Empfehlung­en erarbeitet hatten, waren bislang nicht rechtsverb­indlich, künftig werden sie es jedoch sein. Die Leitlinien sollen jetzt auf aktuellen Stand gebracht und bis zum 31. Dezember 2017 veröffentl­icht werden.

Noch im Mai dieses Jahres gab es eine Entscheidu­ng des Deutschen Ärztetages in Freiburg. Mit Hinweis auf die „tödlich verlaufend­en Versuche von Krebsbehan­dlungen in Bracht“fordern die Ärzte den Gesetzgebe­r auf, Heilprakti­kern die Behandlung von Krebserkra­nkungen zu untersagen. Darüber hinaus sollen sie auch von allen invasiven Maßnahmen wie chirurgisc­he Eingriffe, Injektione­n und Infusionen ausgeschlo­ssen werden. „Es kann nicht länger zugelassen werden, dass auf Basis der Heilprakti­kererlaubn­is unseriöse Angebote zur Krebsbehan­dlung an Menschen in einer gesundheit­lich existenzie­llen Notlage herangetra­gen werden“, heißt es in der Entschließ­ung.

Das Bundesgesu­ndheitsmin­isterium verweist darauf, dass es Heilprakti­kern „nur im Rahmen dessen, was sie sicher beherrsche­n“, erlaubt sei, Heilkunde auszuüben, so ein Sprecher. Alle Angehörige­n von Heilberufe­n seien in der Pflicht, ihren Beruf mit der gebotenen Sorgfalt auszuüben. Bei Behandlung­sfehlern können Schadeners­atzansprüc­he oder eine Haftung, etwa wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung, die Folge sein.

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FOTO: DPA Das Gebäude des Biologisch­en Krebszentr­ums Bracht.

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