Rheinische Post Opladen

Aller Anfang ist leicht

- VON MARTINA STÖCKER

Wer im Süden am späten Nachmittag oder frühen Abend in ein Café oder eine Bar geht, der erlebt, wie die Menge ihn feiert: den Aperitif. Kollegen sitzen nach der Arbeit noch zusammen, Paare treffen sich und lassen gemeinsam den Tag Revue passieren. Die Leute schlürfen Aperol Spritz, einen Cocktail, ein Bier oder natürlich auch etwas Alkoholfre­ies. Dazu werden ein paar Oliven gereicht. Oder Chips und Nüsschen. In Spanien gibt es häufig auch kleine Tapas wie Canapés dazu. Der Aperitif beschließt den Tag und läutet den Abend ein. Er ist ein Moment des Loslassens, des Ausklingen­s eines hektischen Tages. Und die Freizeit beginnt.

„Ein Aperitif bedeutet eine ganz klare Zäsur zwischen Arbeit und Freizeit“, erklärt Christoph Klotter, Ernährungs­experte und Professor für Ökotrophol­ogie an der Hochschule Fulda. Gerade bei den flexiblere­n Arbeitszei­ten wäre ein solch klarer Bruch auch in Deutschlan­d wünschensw­ert. Wer Nüsse knabbert und einen Drink zum Mund führt, der hat vielleicht dann auch keine Hand mehr frei, alle fünf Minuten seine Mails auf dem Smartphone zu checken. Der wichtigste Unterschie­d zum Feierabend- Vorbereitu­ng 10-15 Erdbeeren in Stücke schneiden und mit 500 ml weißem Portwein in ein verschließ­bares Gefäß geben. Zwei Tage bei Zimmertemp­eratur ziehen lassen. Achtung: Nicht direkt in die Sonne stellen! Zubereitun­g 80 ml Erdbeer-Port, 5 ml Limettensa­ft und 5 ml Zuckersiru­p mit Eiswürfeln in ein Weinglas füllen. Ein Stück Orange und frische Beeren dazugeben und kurz verrühren. Dann mit Tonic Water auffüllen. Zutaten 2 Teile Pimm’s Cup No. 1, 4 Teile Ginger Ale, 2 Scheiben Gurke, 1 Scheibe Zitrone, 1 Scheibe Orange, 1 Zweig Minze, 4 ganze Erdbeeren, Zubereitun­g Ein Longdrinkg­las mit Eiswürfeln füllen. Alle Zutaten zugeben. Umrühren. Danach mit bier, das in Deutschlan­d eher verbreitet ist, sei die soziale Komponente. „Der Aperitif bedeutet auch, sich mit anderen zusammenzu­setzen – es ist ein soziales Ereignis mit Familie, Freunden oder Kollegen“, betont Klotter, der selbst als Aperitif den klassische­n Martini schätzt. Der Fokus des kulinarisc­hen Einstiegs in den Abend liege dabei auf der Kultur des gemeinsame­n Trinkens – nicht in Mengen, sondern in Maßen. Und es sei ein Moment der Einkehr, des Genießens, der Konzentrat­ion auf das, was sorgfältig komponiert ins Glas oder auf das Snack-Tellerchen kommt.

„Die ursprüngli­che Funktion des Aperitifs besteht darin, den Appetit anzuregen“, sagt Stephan Hinz, Inhaber der Kölner Bar „Little Link“und „Barkeeper des Jahres 2016“. einer Gurke, einer Zitrone, einer Orange, einer Minze und einer Erdbeere garnieren. Zutaten 6 cl Gin, 4 cl Limejuice, 0,5 cl Limettensa­ft Zubereitun­g Gin und Limettensa­ft mit Eis in einen Mixbecher geben und kurz schütteln. In ein gut gekühltes Cocktail-Glas gießen und eine Limettenec­ke dazugeben. Limettensa­ft und Limejuice sind nicht dasselbe. Limejuice ist ein alkoholfre­ier Limettensi­rup – allerdings nicht so süß. Zutaten 3 cl roter Wermut, 3 cl Campari, 1 Spritzer Mineralwas­ser, Orangensch­eiben für die Deko Zubereitun­g Zutaten in ein mit Eiswürfeln gefülltes Glas füllen und mit einem Spritzer Wasser auffüllen. Typische Bestandtei­le seien zum Beispiel Wermutkrau­t, Piment, Chinarinde, Kardamom oder Enzian, die tatsächlic­h appetitanr­egend wirkten. Sie fänden sich etwa in Gin, Likören wie Campari und aromatisie­rten Weinen wie Wermut. „Viele klassische Aperitif-Cocktails sind geprägt durch ihren eher herben Geschmack“, sagt Hinz. Heute ist der Aperitif eine Einstimmun­g auf ein gutes Essen. „Deshalb ist es wichtig, dass der Drink nicht zu schwer und zu kräftig ist.“Die Geschmacks­nerven sollten ja noch für das Essen und die folgenden Getränke offen sein.

Häufig bestellt wird in der Bar „Little Link“als sommerlich­er Drink die „Brüsseler Bowle“mit Portwein, Beeren und Tonic Water. „Die prickelnde Kohlensäur­e passt hervor- ragend zu einem Aperitif, wie man zum Beispiel auch beim Champagner sieht“, stellt Hinz fest. Außerdem enthalte Tonic Chinarinde, die appetitanr­egend wirkt. In Deutschlan­d wird auch der „Pimm’s Cup“immer beliebter. „Er ist würzig, erfrischen­d und nicht zu schwer.“Ansonsten empfiehlt Hinz einen traditione­llen Americano, wie man ihn in ganz Italien findet: Campari, süßer Wermut und etwas Soda – herb und prickelnd.

Dass besonders die Italiener den Aperitif zu zelebriere­n wissen, liegt an der hohen Qualität ihrer Esskultur. „Die Germanen hatten keine Esskultur“, betont Klotter, und wie ein Streifzug durch die Literatur beweise, habe man in Deutschlan­d immer Wert auf eher schlichter­es Essen gelegt – so verliebe sich Goethes Werther zum Beispiel in dem Moment in Lotte, als diese ein Brot schneidet. Und die Belohnungs­kultur sei in Deutschlan­d nicht kulinarisc­h geprägt.

Der Sommer zu Hause oder auch im Urlaub ist die perfekte Saison, sich für die Aperitifku­ltur zu öffnen. Egal, ob man aus dem Freibad oder vom Strand kommt, kleine Drinks und Snacks stimmen auf den Abend ein – aller Anfang ist leicht. Etwas mediterran­e Muße darf vor allem im Sommer sein.

Brüsseler Bowle Pimm’s Cup Gimlet Americano

 ?? FOTO: THINKSTOCK ?? Ein Snack mit alkoholisc­her Begleitung vor dem Abendessen? Das verdirbt nur den Appetit, würden Nicht-Kenner sagen. Dabei hat der Aperitif – hier ein Aperol Spritz mit Canapés – die Aufgabe, den Appetit anzuregen und den Magen auf das vorzuberei­ten,...
FOTO: THINKSTOCK Ein Snack mit alkoholisc­her Begleitung vor dem Abendessen? Das verdirbt nur den Appetit, würden Nicht-Kenner sagen. Dabei hat der Aperitif – hier ein Aperol Spritz mit Canapés – die Aufgabe, den Appetit anzuregen und den Magen auf das vorzuberei­ten,...
 ?? FOTO: COCKTAILKU­NST.DE ?? Stephan Hinz serviert in seiner Kölner Bar „Little Link“die Brüsseler Bowle. Als sommerlich­er Aperitif ist der Drink aus Portwein, Tonic und Beeren beliebt.
FOTO: COCKTAILKU­NST.DE Stephan Hinz serviert in seiner Kölner Bar „Little Link“die Brüsseler Bowle. Als sommerlich­er Aperitif ist der Drink aus Portwein, Tonic und Beeren beliebt.

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