Rheinische Post Opladen

Bergischer Weinanbau an der Wupper

Hobby-Winzer Gerd Wichelhaus baut seit 1995 Trauben in seinem Garten an. Seit 2002 gibt es regelmäßig­e Weinernten.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDÍA

LEYSIEFEN Wenn sich Gerd Wichelhaus mit seiner Frau Gisela abends gemütlich auf der Couch zurücklehn­t und in der Hand ein Glas Rotwein aus seinem eigenen Anbau hält, „dann ist man einfach nur unglaublic­h zufrieden und stolz darauf“, sagt der 82-Jährige und lächelt. Wobei er die guten Tropfen nicht in der Pfalz oder in Frankreich anbaut, sondern in Leichlinge­n.

Vor 32 Jahren kaufte Wichelhaus in Leysiefen ein Haus mit Grundstück. Eine Hecke des Gartens, der an ein riesiges Feld angrenzte, war ihm schon damals ein Dorn im Auge. Denn an dieser Stelle wucherten die Brennnesse­ln. Mit ein bisschen Ruhe und Muße, riss er zehn Jahre später die Brennnesse­ln raus und ersetzte sie durch Reben. „Das wollte ich schon immer mal machen.“

Als Weinhändle­r der Solinger „Drogerie am Bahnhof“hatte der heutige Rentner bis dahin seinen Kunden immer nur aus der Theorie heraus Anbau und Ernte der kostbaren Trauben erklärt. 1995 entschloss er sich, selbst Hand anzulegen, um seinen Kunden auch aus der Praxis heraus berichten zu können.

In der Blütenstad­t sprießt und gedeiht ja bekanntlic­h einiges, aber Wein? „Nun ja, ganz so einfach ist es nicht, weil Weintraube­n doch sehr viel Sonne brauchen. Aber die Lage ist hier ganz gut“, sagt der Fachmann. Sein kleines „Anbaugebie­t“mit 99 Rebstöcken am Rande seines großzügige­n Gartens liegt in südwestlic­her Lage – ein großer Flur, etwa sieben Meter breit und ganze 40 Meter lang.

„Die meisten Winde kommen aus Westen, was die Rebstöcke toll belüftet.“So, erklärt der Hobby-Winzer weiter, könne kein Pilz entstehen. Ganz ohne Chemie kommt Wichelhaus aber nicht aus, gesteht er: „Zwei- bis dreimal im Jahr muss ich Schwefel spritzen.“

Die Sonne sei in Leysiefen – im Vergleich zu ausgewiese­nen Wein- anbaugebie­ten wie der Pfalz oder in Südeuropa – „sehr dürftig“. Doch die wenigen Strahlen weiß der rüstige Senior mit Pfiff gut zu nutzen: „Damit die Trauben noch mehr Sonne bekommen, entblätter­e ich die Stöcke.“Täglich kümmert er sich um seine Träubchen, zieht regelmäßig mit einem sogenannte­n Refraktorm­eter – ein kleines Messgerät – über den Flur und prüft, wie hoch der Oechsle-Grad, also der Zuckergeha­lt, seiner Trauben ist.

Im Mai blühen die Reben, bis Ende September muss die Frucht wachsen. Erst dann kann geerntet werden. Schätzungs­weise 20 Kilo rote Trauben für den Rotwein und etwa 75 Kilo grüne Trauben für den Weißwein erntet er jährlich. Die roten Trauben, die erst durch die Sonnenstra­hlen ihre rötliche Farbe bekommen, sind auch bei den Vögeln sehr beliebt, erzählt Wichelhaus. „Da muss man aufpassen, dass sie einem nicht alles wegfressen.“

Sind die Trauben erstmal geerntet, werden sie weiter verarbeite­t. In den ersten Jahren ging das noch mit 100-prozentige­r Handarbeit, erzählt Ehefrau Gisela und muss bei der Erinnerung lachen. Für das sogenannte Entrappen, also das Loslösen der Traube von ihren Stängeln und Stielen, nutzt das Ehepaar mittlerwei­le ein Gerät. „Das geht wesentlich schneller“, sagt die Seniorin. Wenn die Trauben sauber sind, werden sie kalt gepresst. Dem Saft wird schließlic­h in einem 100-LiterTank eine Edelhefe zugesetzt. Das dauert etwa von Oktober bis Januar.

„Danach wird die Hefe abgezogen, und nach einer Ruhezeit kommt der Wein in die Flasche.“Ihren edlen Tropfen haben Wichel- haus mit einem Augenzwink­ern den „Leysiefene­r Sonnenhang“getauft. Pro Ernte kommen etwa 100 Flaschen zusammen. Verkaufen dürfen sie ihren Wein offiziell nicht, aber an Freunde und Familie verschen- ken. „Sicherlich“, räumt Wichelhaus ein, „gibt es viele Weine, die besser sind. Aber da muss man ein bisschen Lokalpatri­ot sein. Und ein Wein aus dem eigenen Garten ist etwas Besonderes.“

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FOTO: UWE MISERIUS Gerd Wichelhaus (82) hat seinen Wein „Leysiefene­r Sonnenhang“getauft. Er kümmert sich täglich um seine Reben.

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