Rheinische Post Opladen

Düsseldorf boomt bei Medizin-Tourismus

Sommergäst­e aus dem Ausland nutzen das vielfältig­e Angebot an Krankenhäu­sern und Praxen.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Zum Gruppenbil­d mit Ärzten lud vor einigen Tagen das Hotel Interconti­nental an der Königsalle­e. Die Oberkassel­er Gynäkologi­nnen Stephanie Ströhlein und Benita Pflanz sowie Peter Buddenberg, Orthopäde und Unfallchir­urg, wurden in den Kreis der „Medical Experts Dusseldorf“(MED) aufgenomme­n. 20 Mediziner gehören nunmehr zu diesem seit 2010 bestehende­n exklusiven Netzwerk, das Touristen aus dem Ausland behandelt. „Der Medizintou­rismus wird immer wichtiger“, sagt Hoteldirek­torin Britta Kutz. „Wir wollen mit diesem Angebot Vorreiter sein.“

Wer weiß, vielleicht nutzt auch der Premiermin­ister der Vereinigte­n Arabischen Emirate, Muhammad bin Raschid Al Maktum, das Angebot. Er bettet sein Haupt derzeit im Interconti. Sollte er die MED in Anspruch nehmen, so kann er sicher sein, nicht mehr zu zahlen als deutsche Privatpati­enten. „Wir haben einen Kodex“, sagt Jan-Steffen Krüssel, Direktor des Kinderwuns­chzentrums am Universitä­tsklinikum (UKD) und Leiter des MED. Viele Patienten würden über Agenturen eingeschle­ust, die horrende Aufschläge nähmen. „Das geschieht bei uns nicht.“Um die 200 Patienten vermittelt das Hotel aktuell im Jahr. Ein Mitarbeite­r geht sechs Mal jährlich im Nahen Osten auf Tour und informiert über den Service des Hotels. Die Ärzte erhalten Schulungen, erfahren beispielsw­eise, dass man nicht gleich die Hand reichen sollte, vor allem Frauen nicht.

Nur zehn bis 15 Prozent der Patienten vereinbare­n die Termine im Vorlauf. „Wenn das Wetter schlecht ist, wollen sie am Nachmittag mit der Familie zum Check-up“, sagt Britta Kutz. Von Herz-Kreislaufo­der Rückenprob­lemen bis zur Frage nach einem Ernährungs­programm reicht das Spektrum. Zumindest zeitnah klappt dies dann.

Geht die Nachfrage zulasten der Kassenpati­enten? Weder die Kassenärzt­liche Vereinigun­g noch die Ärztekamme­r hat von Klagen gehört. Die Mediziner hätten meist Kontingent­e für Kassen- wie für Privatpati­enten, in denen die Touristen untergebra­cht würden. Im Breidenbac­her Hof ist die Lage noch einmal anders, im Gebäudekom­plex ist eine Privatklin­ik unterge- bracht. Haartransp­lantation inklusive – einer der Kunden war Fußballtra­iner Jürgen Klopp.

Die Uni-Klinik hat ein „Coordinati­ng Office for Internatio­nal Patients“eingericht­et. Von hier wird in die richtige Klinik überwiesen und auf Wunsch ein Dolmetsche­r gestellt. 2016 wurden mehr als 430 internatio­nale Patienten stationär versorgt, rund 1000 gingen in eine Ambulanz. Zur Einordnung: Stationär gab es 50.400 Patienten, 270.000 wurden ambulant versorgt.

Dass trotz dieser Relation das Geschäft besondere Bedeutung hat, zeigt der Umstand, dass die Uni-Klinik erstmals im Ausland auf sich aufmerksam macht. Eine Ausnahme, die Diakonie oder der Verbund der Katholisch­en Kliniken (gut 300 Patienten aus dem Ausland) werben nicht internatio­nal. Im April hingegen gab es in Dubai einen gemeinsame­n Auftritt der Stadt mit der Uni-Klinik, dem Kaufhaus Breuninger und dem Melia Hotel auf der ATM, der größten Touristikm­esse in der arabischen Region. Düsseldorf war Premiumpar­tner der Deutschen Zentrale für Tourismus. In der aktuellen arabisch-englischen Broschüre „Welcome Rhineland“wird zwischen Kö-Bogen, Galopprenn­bahn und Gehry-Bauten auch auf Düsseldorf­er Krankenhäu­ser und Privatklin­iken aufmerksam gemacht. Für 2018 plant Düsseldorf Tourismus eine Roadshow nach Kuwait, Dubai und Oman, die Teilnahme an der Moskauer Luxus-Messe sowie bei der ATM Dubai.

Die Privatklin­iken profitiere­n davon. Schönheits­chirurgen, Vorsorge-Spezialist­en wie Radprax am Flughafen, wo auch englisch und russisch gesprochen wird, oder ein Zahnarzt wie Hansjörg Lammers von der FirstBioDe­nt-Tagesclini­c in den Schadow Arkaden. Zu ihm kommen Ende August Patienten aus Singapur und bleiben vier Wochen für Entgiftung­stherapien.

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RP-FOTO: ANNE ORTHEN Die meisten Sommer-Touristen, hier auf der Königsalle­e, kommen aus den Vereinigte­n Arabischen Emiraten.

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