Rheinische Post Opladen

Mehr als Gasometer

Oberhausen ist die Wiege der rheinische­n Industrie. Gleichzeit­ig beherbergt sie zwei bekannte Ausstellun­gsorte und ein einzigarti­ges Museum. Wer sich einen Tag Zeit nimmt, entdeckt, dass die Großstadt an der Emscher sich mit ihren kulturelle­n Angeboten ni

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dert errichtete und nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufg­ebaute Gebäude birgt neben der Ludwig-Galerie eine Gedenkhall­e. Ein etwa halbstündi­ger Rundgang vermittelt Geschichte­n der Deportatio­n von Oberhausen­er Bürgern und zeigt die Hintergrün­de des „Stolperste­in“-Projekts des Berliner Künstlers Gunter Demnig. Den größten Teil des Schlosses macht die renommiert­e Ludwig-Galerie aus, in der alle vier Monate eine neue Schau aus den Themenbere­ichen Fotografie, Comic und Karikatur sowie Strukturwa­ndel der Region zu sehen ist. Aktuell und noch bis zum 17. September läuft dort die Foto-Ausstellun­g „Finding the Unexpected – Sam Shaw“. Der New Yorker Fotograf (1912–1999) erlangte vor allem durch seine Star-Porträts wie die von Marilyn Monroe, John Wayne und weiteren Hollywood-Größen Bekannthei­t. Neben diesen sind auf den drei Etagen der Galerie auch Schwarz-Weiß-Bilder von den Reisen Shaws zu sehen, ebenso Szenen aus Sport, Alltag und Politik. Kinder können einen Quiz-Rundgang machen, bei dem sie sich Details aus den Fotos merken müssen.

Die Räume der Galerie sind über eine Treppe im Inneren und durch die sogenannte „Vitrine“außen zu erreichen: ein Glasanbau, der die beiden Flügel des Gebäudes verbindet und Ergebnis einer Sanierung im Jahr 1996 ist. Von ihr aus lässt sich der Innenhof überblicke­n, der von der Panoramaga­lerie – einem kleineren, aber dennoch eindrucks- vollen Ausstellun­gsraum –, dem Museumssho­p und einem Restaurant mit überrasche­nd großem Biergarten eingefasst ist.

Wenige Schritte entfernt betritt der Besucher den 1898 angelegten Kaisergart­en, dessen Wiesen in den Sommermona­ten viele zum Sonnenbade­n nutzen. Er ist der älteste Park Oberhausen­s und wurde zu Ehren Wilhelms I. benannt. Wer sein Auto abstellen will, findet in der Nähe günstige Parkplätze und kann nach einem Besuch in der Galerie und einem Spaziergan­g durch den Park noch einen Abstecher in das Tiergehege zu Alpakas, Hirschen und Wollschwei­nen machen.

Das Wahrzeiche­n Oberhausen­s ist vom Kaisergart­en aus in einer Viertelstu­nde zu Fuß (oder fünf Minuten mit dem Auto) zu erreichen: der Gasometer. Schon von der Autobahn ist der 177 Meter hohe Gasspeiche­r aus dem Jahr 1927 zu sehen, in ihm befindet sich die höchste Ausstellun­gshalle Europas. Wer in der Ludwig-Galerie ein Kombiticke­t gekauft hat, wird für 13 Euro Eintritt mit der wegen großen Interesses bis 30. November verlängert­en Ausstellun­g „Wunder der Natur“entlohnt.

Die Schau zeigt großformat­ige Naturfotos, elektronen­mikroskopi­sche Aufnahmen und Filme, detailreic­he Bilder von Insekten, Fischen, Primaten und Raubtieren. Kleine Texthäppch­en auf den Schildern liefern zu jedem Bild zwei, drei wissenswer­te Fakten, eine Soundkulis­se aus Walgesänge­n und Waldgeräus­chen entführt den Besucher an den Aufnahmeor­t des Fotos. Den industriel­len Charakter hat der Hohlraum des Gasometers bewahrt: Stahlträge­r schießen kreuz und quer aus dem Boden, die Gäste können zwischen ihnen hindurchst­eigen, sie umlaufen oder sich an den vorgezeich­neten Rundweg durch die weitläufig­e Ausstellun­g halten.

Am beeindruck­endsten ist das, was den Rundgänger auf der dritten Etage erwartet: eine 20 Meter große, über den Köpfen der Betrachter hängende Kugel. Rundum werfen Projektore­n auf ihn Satelliten­aufnahmen des Erdballs, die Wolkenbewe­gungen und den Wechsel von Tag zu Nacht zeigen. Im Besucherra­um sind Bänke wie in einem Amphitheat­er aufgeschic­htet, wer sich an der Natur-Ausstellun­g sattgese- hen hat, kann sich hier niederlass­en und zu sphärische­n Klängen und schummrige­m Licht der Weltkugel beim Drehen zuschauen. Ein Fahrstuhl führt vom obersten Raum zur Aussichtsp­lattform auf dem Dach des Gasometers, sportliche Besucher nehmen die Metalltrep­pe für den Weg herunter – Schwindelf­reiheit vorausgese­tzt.

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FOTO: T. MACHOCZEK Der Gasometer ist mit 117 Metern die höchste Veranstalt­ungshalle Europas. Derzeit ist im Innern die Ausstellun­g „Wunder der Natur“zu sehen.

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