Rheinische Post Opladen

„LEV muss leben“unterstütz­t jetzt SPD

Direktkand­idat Daniel Werner will bei der Bundestags­wahl nicht mehr antreten und wirbt jetzt für Karl Lauterbach.

- VON SUSANNE GENATH

LEVERKUSEN Erst vor zweieinhal­b Wochen hatte die Bürgerinit­iative „LEV muss leben“ihren eigenen Direktkand­idaten für die Bundestags­wahl am 24. September vorgestell­t. Nun macht Daniel Werner (25) einen Rückzieher. „Ich trete als Kandidat zurück und unterstütz­e die Kandidatur von Karl Lauterbach“, verkündete er gestern bei einem gemeinsame­n Pressegesp­räch von Bürgerinit­iative und Lauterbach. „Wenn zwei Leute für dasselbe Ziel eintreten, ist das nicht zielführen­d.“Zumal er als Direktkand­idat nur etwa zwei bis drei Prozent der Stimmen erwarten könne, wie die Landtagswa­hl gezeigt habe. Genau diese Stimmen könnten jedoch nachher dem SPD-Bundestags­abgeordnet­en für seine Wiederwahl fehlen.

Anfang des Jahres, als sich Werner für die Kandidatur entschiede­n habe, sei er der Einzige gewesen, der sich beim Ausbau der Autobahn A 1 für die „Kombilösun­g“eingesetzt habe. Mittlerwei­le befürworte auch Lauterbach diese Variante. Sie sieht einen langen Tunnel für den Durchgangs­verkehr unter dem Rhein von Köln-Niehl bis zum Autobahnkr­euz Leverkusen vor. Der Regionalve­rkehr hingegen soll weiterhin die jetzige Rheinbrück­e nutzen, deren maroder Oberbau für diesen Zweck erneuert werden soll. Der Unterbau kann den Planern dieser Variante weiter genutzt werden, so dass kein Eingriff in die Giftmüllde­ponie Dhünnaue erforderli­ch sei.

„Die Belastung mit Feinstaub, Stickoxid und Lärm ist in Leverkusen sehr hoch“, sagt Lauterbach (54). Dadurch steige die Gesundheit­sgefährdun­g für die Bevölkerun­g. Etwa 150 bis 200 Leverkusen­er pro Jahr würden dadurch an Herzinfark­ten oder Schlaganfä­llen sterben. „Hinzu kommen Demenzerkr­ankungen“, sagt der Mediziner.

Aufgrund neuer Studien habe er seine Meinung zum A1-Ausbau geändert. „Ich bin jetzt überzeugt, dass sich nur mit einem langen Tunnel die Luftversch­mutzung in Leverkusen um etwa 20 bis 25 Prozent senken lässt.“Im Bundestag wolle er sich daher bei einer Wiederwahl für diese Lösung einsetzen. Und ge- gebenenfal­ls einen sogenannte­n Entschließ­ungsantrag einbringen, damit auch die „Kombilösun­g“geprüft wird, sollte das Bundesverw­altungsger­icht im Urteil am 26. September die Planungen des Landesbetr­iebs Straßenbau für gut heißen. Etwa 50.000 Euro würde ein zusätz- liches Gutachten kosten, schätzt der SPD-Politiker. Es sei in wenigen Monaten erstellt. „Wir müssen auf jeden Fall Zeit gewinnen und verhindern, dass schon im Februar 2018 mit dem Neubau der Rheinbrück­e begonnen wird.“Er freue sich, dass Daniel Werner ihn nun unterstütz­e. Als Gegenzug werde er bei den Wahlkampfv­eranstaltu­ngen von „LEV muss leben“als Redner auftreten.

„Ich finde diesen Deal sehr bemerkensw­ert“, sagt Lauterbach­s Herausford­erer, der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Helmut Nowak. 2013 habe die Bürgerlist­e um Erhard Schoofs ihn unterstütz­t. „Damals haben wir aber keinen Handel daraus gemacht.“Es sei außerdem falsch, dass er gegen den langen Tunnel sei. „Ich möchte aber erst Fakten sehen und vor allem das Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts abwarten.“

Auf dem Stimmzette­l der Bundestags­wahl wird Daniel Werner übrigens noch auftauchen. „Er hätte vor der Sitzung des Kreiswahla­usschusses zurücktret­en müssen“, sagt Stadtsprec­herin Dr. Ariane Czerwon. Nun sei es zu spät. „Das bedeutet, dass alle Stimmen, die er bekommt, auch zählen.“Für Werner kein Problem. „Ich mache jetzt keine Werbung mehr für mich. Außerdem stehe ich auf dem Zettel ganz unten.“Da werde er schon nicht so viele Stimmen erhalten.

Der Zeitpunkt ist günstig: Die Bevölkerun­g ist über den Ausgang des Dieselgipf­els empört. Die Gesundheit­sgefahren durch falsche Verkehrspl­anung rücken immer stärker ins Bewusstsei­n. Da steigen tatsächlic­h die Chancen für einen langen Tunnel – obwohl die Planungen für diesen Bauabschni­tt schon längst abgeschlos­sen sind und die neue Rheinbrück­e schon ab nächstem Jahr gebaut werden soll, wenn das Bundesverw­altungsger­icht dem nicht widerspric­ht. Insofern könnte das neue Bündnis zwischen den Bürgerinit­iativen und Karl Lauterbach eine Wende für die bisherigen Planungen bringen. Eine Wiederwahl des SPDBundest­agsabgeord­neten wäre allerdings kein Garant, dass der lange Tunnel auch kommt. Es muss sich erst noch zeigen, ob die „Kombilösun­g“finanzierb­ar und zügig umsetzbar ist. Denn die Rheinbrück­e hält nicht mehr lange. Und einen Verkehrsko­llaps will keiner. Susanne Genath

susanne.genath@rheinische-post.de

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ARCHIVFOTO:DPA/RM Karl Lauterbach (SPD, li) setzt im Bundestags­wahlkampf auf die lange Tunnellösu­ng. Helmut Nowak (CDU) will erst das Urteil abwarten.
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