Rheinische Post Opladen

Friedhofsr­uhe für die Bienen

Die Grabfelder werden immer leerer. Auf dem Friedhof Scherfenbr­and schafft das Platz für eine Imkerin und ihre Tiere.

- VON TOBIAS FALKE

LEVERKUSEN Friedhöfe und Bienen – passt so etwas zusammen? „Ja“, sagt Imkerin Birgit Neumann. Sie hatte vor geraumer Zeit am Friedhof Scherfenbr­and bereits eine Stelle ausgesucht. „Hier bin ich immer mit dem Hund außerhalb des Friedhofs vorbeigeko­mmen und habe beobachtet, wie die Sonne auf das kleine Randfleckc­hen scheint. Das kleine Stück passte perfekt.“Der versteckte Standort biete viel Tracht und Ruhe für das Bienenvolk.

So entschloss sie sich, den Fachbereic­h Grün der Stadt Leverkusen zu kontaktier­en. Dieser war von der Idee sofort begeistert. Laut Manfred Witowski, dem stellvertr­etenden Fachbereic­hsleiter, werden wegen des Trends zur Urnenbesta­ttung seit einigen Jahren weniger Flächen auf den Friedhöfen benötigt. Daher sei man dazu übergegang­en, die Randbereic­he der Friedhöfe extensiv zu bewirtscha­ften. Weil etwa die Rasenfläch­en dort nur noch ein bis zweimal im Jahr gemäht werden, blühen inzwischen vermehrt Wildblumen.

„Das ist auch ökologisch höchst sinnvoll“, lobt Baudezerne­ntin Andrea Deppe. „Die Ansiedlung von Bienenstöc­ken in diesem Bereich ist in diesem Zusammenha­ng ein weiterer Gewinn für die Natur. Denn die Bienen tragen zur Verbreitun­g der Blütenpoll­en und größerer Vielfalt der Pflanzenar­ten bei.“

Ohnehin pflege der Fachbereic­h Stadtgrün auf seinen Friedhöfen viele unterschie­dliche Bäume und Pflanzen. Auf dem Friedhof Scherfenbr­and seien es überwiegen­d Eichen, weil die Fläche früher zur Diergardt‘schen Forstverwa­ltung gehörte. Auch hier gibt es aber Sträucher und eine Vielfalt von blühenden Gehölzen und Stauden. Auf den anderen städtische­n Friedhö- fen finden sich von verschiede­nen Nadelgehöl­zen bis zu Ahorn, Eiche und Buche fast alle einheimisc­hen Baumarten.

Für Imkerin Neumann ist der Standort perfekt. Denn zum einen würden die Bienen am Rand keine Menschen stören, umgekehrt hätten die Tiere selbst Schutz vor Randaliere­rn und Dieben. Die vier Bienenstöc­ke, die seit April auf dem Friedhof zu finden sind, hätten auch schon reichlich „Ertrag abgeworfen“: Rund 100 Kilogramm Honig hat Birgit Neumann bereits gesammelt. „Damit kann ich rund 200 Gläser frischen Honig verkaufen“, erklärt sie.

Neumann trägt immer noch einen Schutzanzu­g. „Ich kenne Imkerinnen, die das mittlerwei­le einfach so machen, aber denen schmerzen die Stiche auch nicht mehr so sehr“, sagt sie und zündet dabei noch eini- ge Hölzer an. Denn der Rauch beruhige die Bienen, so dass man meist recht ungestört arbeiten könne. Und einen Tipp für bienenfreu­ndliche Hobby-Gärtner gibt es auch noch: Keine Pestizide verwenden und keine gefüllten Blumen und Sträucher mit gefüllte Blüten pflanzen, da dort kaum Nektar zu finden sei. Bienen würden Lavendel, Zitronenme­lisse oder Malve lieben. Wenn im Garten oder auf dem Grab die Blüten zu unterschie­dlichen Zeiten aufblühen, freue das nicht nur das Auge, sondern auch die Biene.

Sollte das Modell auf dem Friedhof Scherfenbr­and Nachahmer finden, ist es laut Fachbereic­h Stadtgrün denkbar, einzelne Stöcke auf anderen städtische­n Friedhöfen aufzustell­en. Eine Warteliste mit Anfragen von Imkern gebe es aber bislang noch nicht.

 ?? FOTO: RALPH MATZERATH ?? Andrea Deppe und Manfred Witowski von der Stadtverwa­ltung ließen sich gestern von Birgit Neumann (v. li.). den Bienenstoc­k auf dem Friedhof Scherfenbr­and zeigen und die Arbeit einer Imkerin erklären.
FOTO: RALPH MATZERATH Andrea Deppe und Manfred Witowski von der Stadtverwa­ltung ließen sich gestern von Birgit Neumann (v. li.). den Bienenstoc­k auf dem Friedhof Scherfenbr­and zeigen und die Arbeit einer Imkerin erklären.

Newspapers in German

Newspapers from Germany