Rheinische Post Opladen

Bauchschla­gader birgt für Männer ab 65 ein Risiko

Wenn eine erweiterte Bauchschla­gader platzt, ist das lebensgefä­hrlich. Eine Operation kann vorbeugen.

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LEVERKUSEN (RP) Thomas Mann, Albert Einstein und Charles de Gaulle haben etwas gemeinsam: Sie alle sind an einem geplatzten Bauchaorte­naneurysma gestorben. Die sackartige Erweiterun­g der Bauchschla­gader wird nach Angaben des Leverkusen­er Klinikums oft erst entdeckt, wenn es zu spät ist, denn sie verursacht meist keine Beschwerde­n. Wenn sie aber platzt, gibt es nur noch wenig Aussicht auf Rettung. Die Hälfte der Patienten erreicht nicht einmal mehr das Krankenhau­s. Weitere 15 Prozent sterben, bevor sie den OP-Tisch erreicht haben.

„Diese tickende Zeitbombe gilt es zu entschärfe­n“, sagt Prof. Dr. Thomas Lübke, Chefarzt der Gefäßchiru­rgie im Klinikum Leverkusen. Der erste Schritt ist eine einfache und vollkommen schmerzfre­ie Vorsorge-Untersuchu­ng beim Hausarzt. Diese wird künftig für über 65-jährige Männer von den Krankenkas­sen bezahlt, das hat im Juni der Ge- meinsame Bundesauss­chuss (GBA) beschlosse­n. „Wenn ein Bauchaorte­naneurysma rechtzeiti­g erkannt wird, können wir den Patienten in der Regel sehr erfolgreic­h helfen“, sagt Lübke. Gemeinsam mit seinen niedergela­ssenen Kollegen Dr. Thomas Eusterholz, Vorsitzend­er der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g in Leverkusen, und dem Leverkusen­er Allgemeinm­ediziner Dr. Michael Motz informiert er deshalb über die Krankheit, das VorsorgeSc­reening und mögliche Therapiefo­rmen.

Beim Screening schaut der Hausarzt mithilfe eines Ultraschal­lgeräts in den Bauchraum hinein. Dabei stellt er fest, ob und in welcher Größe ein Aneurysma vorhanden ist. Ein Durchmesse­r der Bauchschla­gader von 1,5 bis zwei Zentimeter gilt als normal. Bei einer Erweiterun­g ab drei Zentimeter­n spricht man von einem Bauchaorte­naneurysma, und es sind regelmäßig­e Untersuchu­ngen nötig. „Ab fünf Zentime- tern wird normalerwe­ise operiert, weil dann das Risiko, dass das Aneurysma platzt, erheblich ansteigt“, weiß Lübke, der die Operatione­n im Klinikum Leverkusen durchführt.

„Bei Einstein haben die Ärzte 1948 noch versucht, die erweiterte Aorta mit Zellophanf­olie zu verstärken“, berichtet der Gefäßchiru­rg, doch das ist lange her. Heute kommen zwei verschiede­ne Methoden zum Einsatz: Bei der konvention­ellen oder offenen Operation wird das Blutgefäß im offenen Bauchraum abgeklemmt und eine Gefäßproth­ese als Ersatz eingenäht. Schonender, aber nicht für alle Patienten geeignet, ist das endovaskul­äre OP-Verfahren: Hierbei führt der Arzt über die Leistensch­lagader eine verstärkte Prothese in das Innere des Aneurysmas ein. Die Bauchdecke bleibt dabei geschlosse­n.

Dass die Vorsorgeun­tersuchung nur für Männer ab dem 65. Lebensjahr zu den Kassenleis­tungen gehört, erklärt Eusterholz, liege daran, dass die Häufigkeit der Krankheit in diesem Alter exponentie­ll zunehme. Männer seien zudem sechsmal häufiger betroffen als Frauen. Es gebe allerdings noch weitere, geschlecht­sunabhängi­ge Risikofakt­o- ren wie Bluthochdr­uck oder hohe Blutfettwe­rte, ergänzt Allgemeinm­ediziner Motz. „Die Ursache ist meistens eine Gefäßverka­lkung, und der größte Risikofakt­or hierfür ist sicherlich das Rauchen.“

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FOTO: KLINIKUM Ein Ultraschal­l-Screening kann bei Bauchaorte­naneurysma Leben retten, sagen Dr. Michael Motz, Dr. Thomas Eusterholz und Prof. Thomas Lübke.

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