Rheinische Post Opladen

Bayers neuer Kampfgeist

Das 1:3 beim FC Bayern bringt zwar keine Punkte, aber dafür eine Erkenntnis: Die Mentalität der Werkself hat sich im Vergleich zur Vorsaison deutlich gewandelt. Das dürfte auch im DFB-Pokal gegen Union Berlin wichtig werden.

- VON DORIAN AUDERSCH

LEVERKUSEN Es ist erst ein paar Monate her, da standen die Spieler von Bayer 04 nach Niederlage­n vor den Mikrofonen und erklärten mit immer den gleichen Phrasen ihr sportliche­s Versagen. Es wurden höhere Mächte wie Pech oder Schicksal herangezog­en, um die magere Punktausbe­ute zu erklären. Manchmal war auch der Schiedsric­hter schuld. Wohltuend davon abgehoben haben sich die Äußerungen nach dem Eröffnungs­spiel der 55. Bundesliga­Saison beim Rekordmeis­ter Bayern München. Die Partie ging 1:3 (0:2) verloren, aber es war mehr drin für Bayer 04. Viel mehr. Die Statistik belegt es eindeutig: 19:13 Torschüsse zugunsten der Werkself, davon acht oder neun hochkaräti­ge, eine starke Passquote (87 Prozent) und beinahe ebenso viel Ballbesitz, wie der Rekordmeis­ter. Das gelingt nur wenigen Teams in München. Vor allem in der zweiten Halbzeit war Leverkusen gar das bessere Team.

Im krassen Gegensatz dazu stehen die missglückt­en ersten 20 Minuten, in denen zwei Standards einen frühen 0:2-Rückstand brachten. Niklas Süle nach einem Freistoß (9.) und 41,5-Millionen-Euro-Zugang Corentin Tolisso nach einer Ecke (18.) sorgten schnell für (scheinbar) klare Verhältnis­se. Die Anfälligke­it bei ruhenden Bällen ist ein altbekannt­es Problem der Werkself. Erst danach widersetzt­e sich die Elf von Trainer Heiko Herrlich zunehmend der Münchner Dominanz und spielte bis zum Schlusspfi­ff mutig und engagiert nach vorne – trotz des klaren Rückstande­s. Das ist ein bemerkensw­erter Mentalität­swandel im Vergleich zum Vorjahr, in dem das Team nach Rückschläg­en meist komplett gehemmt agierte. Nun wurde bis zum Ende gerannt, gekämpft und auch kombiniert.

„Zum Kotzen“sei es, dass man nichts Zählbares mit nach Hause nehme, sagte Admir Mehmedi, der in der 65. Minute mit einem Gewaltschu­ss den Anschlusst­reffer erzielte. „Wir haben in der zweiten Halbzeit sehr viel Druck gemacht, hatten viele Chancen – und dann fällt zu einem sehr blöden Zeitpunkt das 0:3.“Gemeint ist die Szene aus der 53. Minute, als Robert Lewandowsk­i den ersten videobewie­senen Elfmeter der Bundesliga-Geschichte verwandelt­e. Das einzige Defizit der Werkself sei die Chancenver­wertung gewesen, fügte Mehmedi hinzu. Für das erste Heimspiel am kommenden Samstag gegen die TSG Hoffenheim (15.30 Uhr) kündigte der Schweizer selbstbewu­sst „Vollgas-Fußball“an. Julian Brandt ordnete den Auftakt ebenso klar wie selbstkrit­isch ein: „Wir haben sehr, sehr viele hundertpro­zentige Chancen ausgelasse­n“, ärgerte sich der Nationalsp­ieler. „Das Spiel haben wir in der ersten Halbzeit verloren.“

Der beste Offensivsp­ieler des gewittrige­n Freitagabe­nds in München war indes Karim Bellarabi, der zahlreiche starke Szenen hatte. „Wir haben 90 Minuten gekämpft und es waren Kleinigkei­ten, die das Spiel entschiede­n haben“, analysiert­e der 27Jährige. „Auf die Leistung können wir dennoch aufbauen. Wir haben ein gutes Spiel gemacht und schauen positiv nach vorne.“

Die unverdient­e Niederlage gegen den Rekordmeis­ter macht Mut – auch für die zweite Runde des DFBPokals, die Ende Oktober ausgespiel­t wird. Dann kommt Zweitligis­t Union Berlin in die BayArena. Comedian Carolin Kebekus zog gestern Abend nach dem Werks- den Hauptstadt­klub aus der Lostrommel.

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FOTO: IMAGO Julian Brandt (r.) belebte nach der Pause die Offensive der Werkself und ging keinem Zweikampf aus dem Weg – wie hier gegen Münchens Corentin Tolisso.

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