Rheinische Post Opladen

Mutmaßlich­er Messerstec­her versteckte sich unterm Dach

- VON SIEGFRIED GRASS

LEICHLINGE­N Die 20. Große Strafkamme­r des Kölner Landgerich­ts hatte sozusagen selbst auf den Reset-Knopf gedrückt: Vor fünf Wochen, kurz nach der Eröffnung der Hauptverha­ndlung gegen zwei zur Tatzeit 19 Jahre alte Männer aus Leichlinge­n, wurde der Prozess vertagt. Die Angeklagte­n sollten sich zunächst wegen gefährlich­er Körperverl­etzung verantwort­en. Doch schon nach den ersten Zeugenauss­agen – es waren die beiden verletzten Männer – wurde der Kammer klar, dass auch eine Verurteilu­ng wegen versuchten Totschlags in Betracht kommen könnte.

Zum Fall: Der begann zunächst mit einer verbalen Auseinande­rsetzung zwischen den beiden Beschuldig­ten und einem ebenfalls damals 19-Jährigen. Die beiden sollen angeblich einen Gegenstand gegen das Auto geworfen haben. Das spätere Opfer hatte nicht geahnt, dass daraus am 7. Dezember 2016 nach nur wenigen Minuten eine lebensgefä­hrliche Auseinande­rsetzung wurde, als er rief: „Was soll das!“

Aber der Autofahrer hatte schon eine Ahnung, als er seinen kurzen Weg zum Restaurant Pancho fortsetzte, wo sein Vater eine Weihnachts­feier für die Belegschaf­t seines Geschäfts vorbereite­t hatte. Er rief ihn an, erreichte aber seine Mutter. Und die sagte gestern vor Gericht aus, dass ihr Sohn gesagt haben soll: „Die wollen mich abstechen.“

Vor dem Restaurant wartete dann der Vater, es folgte tatsächlic­h eine wüste Schlägerei, bei der der Hauptangek­lagte sofort mindestens dreimal mit einem Messer auf den Vater eingestoch­en haben soll. Gleich die erste Verletzung war ein Stich in die Lunge, wie der Vater schilderte: „Ich dachte an einen Faustschla­g und habe kein Messer gesehen, aber als das Blut blubbernd austrat, wusste ich, dass da ein Messer war.“Auch die Stiche zwei und drei konnte er noch als solche wahrnehmen. Von den restlichen der insgesamt neun von der Rechtsmedi­zinerin festgestel­lten Verletzung­en bekam er nichts mehr mit. Er hatte bereits das Bewusstsei­n verloren.

Die beiden Angeklagte­n bestätigte­n die von der Staatsanwa­ltschaft vorgetrage­nen Vorwürfe. Nur: ein Messer will keiner gehabt haben. Und das obwohl bei einem der beiden Angeklagte­n – unabhängig von der Tat und einige Zeit vorher – ein nicht zugelassen­es Messer als gefährlich­e Waffe entdeckt und konfiszier­t worden war.

Jedenfalls waren die Täter schnell gefasst, der Sohn und einer der jungen Männer kannten sich von der Schule. Bei seiner Festnahme im elterliche­n Haus in Witzhelden hatte sich der Gesuchte im hintersten Winkel unter dem Dach versteckt. Der Polizei war bei dem nächtliche­n Hausbesuch klar, dass er im Hause sein musste – der Schlüssel lag in seinem Zimmer.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetz­t.

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