Rheinische Post Opladen

EU-Kommission bremst Bayer-Konzern

- VON LUDMILLA HAUSER

Das Gremium teilte gestern mit, es habe noch Bedenken gegen den rund 60 Milliarden Euro schweren Zusammensc­hluss von Bayer und Monsanto und wolle ihn nun genauer unter die Lupe nehmen.

LEVERKUSEN Es geht nur schrittche­nweise voran bei der Übernahme des US-Konzerns Monsanto durch Bayer. Jetzt nimmt die EUKommissi­on Tempo raus: Wie der Konzern mitteilte, hat die Kommission gestern beschlosse­n, „die Phase II in der Untersuchu­ng des geplanten Zusammensc­hlusses von Bayer und Monsanto einzuleite­n“. Heißt: Die Übernahme wird nun noch genauer unter die Lupe genommen. Der Leverkusen­er Konzern hat nach eigenen Angaben allein wegen der Größe des Vorhabens schon eine nähere Untersuchu­ng des Prozesses erwartet.

Und bleibt bei seiner Überzeugun­g, dass der Zusammensc­hluss mit dem Saatgutrie­sen Vorteile für Landwirte und Kunden bringen wird. Kritiker sehen dies anders. Schon nach Bekanntwer­den der Übernahme für 66 Milliarden Dollar hatte die Coordinati­on gegen BayerGefah­ren geunkt: „Der Worst Case ist eingetrete­n“, der schlimmste Fall ist eingetrete­n. Die Leverkusen­er Grünen hatten das ähnlich bewertet: „Monsanto steht wie kein anderes Unternehme­n für eine fortschrei­tende Industrial­isierung der Landwirtsc­haft... Wird diese Fusion genehmigt, könnte Bayer zudem fast im Alleingang entscheide­n, was auf unseren Feldern wächst und somit auf unseren Tellern landet.“An Bayer hatten die Grünen vor allem auch die Kritik geübt, der Konzern entziehe der Stadt systematis­ch die Gewerbeste­uereinnahm­en.

Bayer „wird die EU-Kommission bei der Untersuchu­ng wie bisher eng und konstrukti­v unterstütz­en“. Die beiden Unternehme­n hatten die Transaktio­n am 30. Juni bei der EU-Kommission angemeldet und am 31. Juli Verpflicht­ungsangebo­te vorgelegt. Das Ziel, so meldete der Konzern gestern, sei es, die Genehmigun­g der Kommission für die Transaktio­n bis Ende 2017 zu bekommen.

Das könnte knapp werden, denn die Kommission hat nun bis zum 8. Januar 2018 Zeit, um Bedenken abzuwägen und eine Entscheidu­ng zu fällen. Die für Wettbewerb­spolitik zuständige EU-Kommissari­n Margrethe Vestager sagte gestern: „Saatgut und Pestizide sind für Landwirte und letztlich auch für die Verbrauche­r von entscheide­nder Bedeutung. Wir müssen auf diesen Märkten einen wirksamen Wettbewerb sicherstel­len, sodass Landwirte Zugang zu innovative­n Produkten und einer besseren Qualität haben und Produkte zu wettbewerb­sfähigen Preisen kaufen.“

Bauchschme­rzen hat die Kommission dahingehen­d, dass die Übernahme den Wettbewerb „auf verschiede­nen Märkten einschränk­en könnte, was zu höheren Preisen, einer geringeren Qualität, weniger Auswahl und geringerer Innovation führen würde“. In den Bereichen Pestizide, Saatgut und agrochemis­che Merkmale äußert die Kommission Bedenken: „Das neue Unternehme­n würde schließlic­h über die größte Palette an Pestiziden und die stärksten Marktantei­le bei Saatgut und agronomisc­hen Merkmalen verfügen und somit zum größten integriert­en Unternehme­n der Branche werden“, heißt es in einer Mitteilung der Behörde. Sie will untersuche­n, „ob der Zugang der Wettbewerb­er zu Verteilern und Landwirten erschwert würde, sollten Bayer und Monsanto ihre Verkäufe von Pestiziden und Saatgut insbesonde­re im Hinblick auf die digitale Landwirtsc­haft bündeln oder zusammenle­gen“. Bei der digitalen Landwirtsc­haft handele es sich um die Sammlung von Daten und Informatio­nen über landwirtsc­haftliche Betriebe. Deren Ziel: Landwirten eine auf sie abgestimmt­e Beratung oder Daten zur Verfügung stellen. „Sowohl Bayer als auch Monsanto investiere­n derzeit in diese neue Technologi­e.“

Die Ende Juli vorgelegte­n Verpflicht­ungsangebo­te der beiden Unternehme­n, um die Bedenken auszuräume­n, reichen laut Kommission nicht aus, um die „ernsthafte­n Zweifel an der Vereinbark­eit des Zusammensc­hlusses mit der EU-Fusionskon­trollveror­dnung zu zerstreuen“. Weil Bayer und Monsanto weltweit tätig sind, will die EU-Einrichtun­g verstärkt mit anderen Wettbewerb­sbehörden zusammen, vor allem mit der zuständige­n Stelle in den USA und den Kartellbeh­örden in Australien, Brasilien, Kanada und Südafrika.

Wichtiger Nachsatz, um Spekulatio­nen in die ein oder andere Richtung auszuschli­eßen: „Die Einleitung einer eingehende­n Prüfung lässt keine Schlüsse auf deren Ergebnis zu.“

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Gentechnis­ch veränderte Maispflanz­en auf einem Versuchsfe­ld von Monsanto im Oderbruch. Bayer will den US-Konzern übernehmen.

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