Merkel verteidigt ihre TV-Strategie
Kurz vor dem Fernseh-Duell mit Herausforderer Martin Schulz wehrt sich Angela Merkel im Interview mit unserer Redaktion gegen Kritik aus der SPD. Und sie kündigt Vollbeschäftigung bis 2025 an.
BERLIN Kurz vor dem TV-Duell mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Kritik an ihrem Umgang mit der Fernsehdebatte zurückgewiesen. Im Vorfeld hatte es massive Verstimmungen bei der SPD gegeben, weil Merkel keine Änderungen an dem Format, etwa die Beteiligung von Zuschauern oder eine aufgelockerte Moderation, zulassen wollte. Der frühere ZDF-Intendant Nikolaus Brender hatte die Vorgaben des Kanzleramts sogar als Erpressung bezeichnet.
Im Interview mit unserer Redaktion nahm Merkel Stellung zur Frage, warum sie Schulz nicht ein zweites Duell gewähren will, obwohl die CDU im Wahlkampf ja vor allem auf ihre Person setzt. „In der CDU setzt man auch auf die Stärke unseres Regierungsprogramms, aber davon abgesehen: Ich bin froh, dass es wie in meinen früheren Bundestagswahlkämpfen ein Duell gibt“, sagte Merkel und betonte: „Wir sollten aber nicht vergessen, dass wir in Deutschland keine Präsidialdemo- kratie wie in den USA haben. Hier werden nicht die Bundeskanzler direkt gewählt, sondern die Bürger stimmen für Wahlkreiskandidaten und Parteien.“Insofern solle mit Blick auf die kleineren Parteien die Zuspitzung auf nur zwei Personen eher die Ausnahme im Fernsehwahlkampf sein.
ZDF-Chefredakteur Peter Frey verteidigte die Entscheidung, am TV-Duell trotz der starren Haltung der Kanzlerin festzuhalten. Es habe nur die Auswahl „kein Duell oder ein Duell nach den alten Regeln“gegeben, sagte Frey gestern. Die Sender hätten sich dann dafür entschieden. Merkel trifft drei Wochen vor der Bundestagswahl morgen im einzigen TV-Duell des Wahlkampfs auf ihren Herausforderer Schulz. Die Sender rechnen mit etwa 20 Millionen Zuschauern, wie ZDF-Chefredakteur Peter Frey sagte.
Dass sie an der Schwelle zu einer möglichen vierten Amtszeit durchaus noch ambitionierte politische Projekte verfolgt, machte Merkel im Interview deutlich. „Jeder, der arbeiten will, soll 2025 auch arbeiten können“, sagte die Kanzlerin. Wir wollen die Zahl der Arbeitslosen, die heute halb so hoch ist wie 2005, erneut halbieren. Das hieße Vollbeschäftigung und ist das Beste, was wir für unsere sozialen Sicherungssysteme anstreben können.“
Merkel ging in dem Gespräch auch auf ihren berühmt gewordenen Satz „Sie kennen mich“ein, mit dem sie das TV-Duell vor vier Jahren beendete. Ob sie auch diesmal einen solchen Satz vorbereitet hat, der bei den Menschen hängen bleibt? „Dass bei den Zuschauern etwas haften bleibt, das wünsche ich mir natürlich. Ich gebe mir ja viel Mühe, gute Argumente zu liefern. Was genau haften bleibt, weiß man nie vorher.“
In der SPD-Zentrale macht man sich durchaus Gedanken, was vom Duell hängen bleiben könnte. Die TV-Auseinandersetzung gilt als letzte Chance für Schulz, den Umfrageabstand von rund 15 Prozentpunkten zwischen Union und SPD zu verringern. Nach einer Forsa-Umfrage wollen bis zu sieben Millionen Wähler ihre Entscheidung von den Auftritten der Duellanten abhängig machen. „Wir brauchen eine klare, knackige Botschaft“, heißt es im Umfeld des SPD-Herausforderers.
Merkel gibt sich dagegen betont gelassen. Sie bekannte sogar, dass sie gerne einmal in einer eigenen Talkshow mit Gästen diskutieren würde. Unter der Rubrik „Das würde ich mir gerne leisten können“schreibt Merkel in einem persönlichen Fragebogen, den sie für unsere Redaktion ausgefüllt hat, sie würde gerne „neben meinem Amt als Bundeskanzlerin einmal eine TalkshowSendung moderieren“.