Rheinische Post Opladen

Pfarrer gegen rechte Gewalt

Die ARD-Reportage „Kreuz ohne Haken“begleitet Geistliche bei ihrem Kampf gegen Neonazis.

- VON CHRISTOPH ZEIHER

DÜSSELDORF (dpa) Es war ein verstörend­es Bild, das sich im Dezember 2016 in der Dortmunder Innenstadt bot. Mitglieder der Partei „Die Rechte“hatten den Turm der Reinoldi-Kirche besetzt und ein Banner mit der Aufschrift „Islamisier­ung stoppen“gehisst. Die Szene steht beispielha­ft für den Kampf der Kirchen gegen rechte Gruppierun­gen, mit dem sich die ARD-Dokumentat­ion „Kreuz ohne Haken – Die Kirche und die Rechten“beschäftig­t.

Der 45-minütige Film begleitet mehrere Pfarrer, die aufgrund ihres Engagement­s zu Opfern rechter Gewalt geworden sind. Beispielsw­eise Charles Cervigne aus der Nähe von Aachen. Der evangelisc­he Pfarrer wurde im vergangene­n Jahr an der Tür seines Wohnhauses von Unbekannte­n niedergesc­hlagen. Cervigne hatte zuvor Flüchtling­en Kirchenasy­l gewährt und sich für eine offene Gesellscha­ft stark gemacht.

Vielerorts scheint die Bedrohung durch rechte Gruppierun­gen groß zu sein. Aufnahmen von Nazi-Aufmärsche­n und ein Ausflug in den sogenannte­n „Nazi-Kiez“von Dortmund untermauer­n diesen Eindruck. Konkrete Zahlen darüber, wie sich die Anfeindung­en gegen Kirchenmit­glieder und Geistliche entwickelt haben, fehlen in der Reportage jedoch.

Dass Pfarrer aufgrund ihrer herausgeho­benen Stellung ein leichtes Ziel für Gewalttäte­r sind, scheint in- des logisch. Ihre Telefonnum­mer ist öffentlich einsehbar, und viele von ihnen wohnen im Pfarrhaus der Gemeinde. Außerdem sei die Kirche eine Art natürliche Zielscheib­e für Nazis, erklärt der katholisch­e Politikwis­senschaftl­er Andreas Püttmann: „Neonazis betrachten die Christen sozusagen als Geschwiste­r der Juden.“

Aber nicht nur gewaltbere­ite Rechte machen den Kirchen zu schaffen. Abseits von Demos und Gewalttate­n wirft die Reportage auch einen spannenden Blick auf rechte Strömungen innerhalb der Gemeinden. So klagt etwa eine christlich­e AfD-Anhängerin, die Kirche sei zu einem „Arm der linken politische­n Parteien“geworden. Auch ein ehemaliger Pfarrer und jetziger AfD-Politiker kommt zu Wort. Er fühlt sich von seiner Kirche ausgegrenz­t und missversta­nden.

Angesichts dessen stellt sich verstärkt die Frage: Wie politisch kann und muss Kirche heutzutage sein? Politikwis­senschaftl­er Püttmann hat darauf eine klare Antwort: „Es ist Aufgabe der Kirche, nicht nur ihre Eigeninter­essen im Auge zu haben, sondern auch die Grundrecht­e der menschlich­en Person.“Wenn Parteien diese Rechte in Fragen stellten, müsse sich die Kirche auch politisch einmischen.

So sehr dies Pfarrer in ihrer Arbeit vor Ort auch tun, so schwer scheint es der großen Institutio­n Kirche noch immer zu fallen – das zeigt dieser Film. Allerdings haben sich Bischöfe und Kardinäle immer deutlich von der AfD distanzier­t. „Kreuz ohne Haken“, ARD, 23.45 Uhr

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FOTO: DPA Pfarrer Michael Kleim (Mitte) aus Gera beim Vorbereite­n einer Mahnwache gegen Rechts. Die Reportage „Kreuz ohne Haken – Die Kirche und die Rechten“geht der Frage nach, wie sich die Kirche gegen Neo-Nazis positionie­rt.

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