Rheinische Post Opladen

„Zur Kutsche“in Balken: Wirts-Ehepaar hört auf

Zum Jahresende geben Ute und Friedhelm Hausmann ihr Traditions­lokal auf. Ein Nachfolger ist bislang nicht in Sicht.

- VON PETER CLEMENT

LEICHLINGE­N Zwei Jahre noch, dann hätten Ute und Friedhelm Hausmann Goldjubilä­um in ihrer Gaststätte feiern können. Doch daraus wird nichts, Silvester wird der letzte Tag sein, an dem die Kutsche für ihre Gäste geöffnet hat – zumindest unter der Leitung des Ehepaars, das sie seit 48 Jahren führte.

Das historisch­e Fachwerkha­us am Eingang der Ortschaft Balken abzugeben, tut den Wirtsleute­n entspreche­nd weh, doch es sei einfach eine Notwendigk­eit, sagt Friedhelm Hausmann: „Ich bin jetzt 72 Jahre alt, ich kann nicht mehr tagein tagaus in der Küche stehen.“

Fast fünf Jahrzehnte lang hat er es getan, wobei Koch und Gastwirt eigentlich überhaupt nicht der Berufswuns­ch des gelernten Haarschere­nschleifer­s waren. In Solingen wollte er in den 60er-Jahren einen Betrieb kaufen, doch die Geldforder­ungen waren zu hoch.

Hausmanns damalige Partnerin schwärmte für die Gastronomi­e, und der einstige Schleifer übernahm im Jahr 1969 schließlic­h die „Kutsche“und wurde Gastwirt. So einfach wie es heute klingt, war das damals natürlich nicht.

Friedhelm Hausmann weiß im Gegenteil noch genau, „dass ich über die Zeit alles in allem mindestens eine halbe Million Mark in das renovierun­gsbedürfti­ge Gebäude gesteckt habe“. Viel Arbeit sowieso.

Es sollte sich lohnen: Die Gaststätte „Zur Kutsche“wurde ein Treffpunkt für Vereine, Wanderer, aber eben auch für die Balkener, die zwischenze­itlich mit dem „Brü- Friedhelm Hausmann, ckenhof“sogar die Auswahl zwischen zwei Lokalen hatten.

„Ich finde es schade, dass er zugemacht hat“, sagt Hausmann offen: „Konkurrenz belebt doch das Geschäft, zumindest bei uns war das immer so.“Hatte er anfangs noch Köche beschäftig­t, so stand er zunehmend selbst hinterm Herd oder am Grill – und daran hat sich bis heute nichts geändert. „Beim Kochen ist es wie im Leben, man lernt immer dazu“, sagt der Leichlinge­r.

Im Jahr 2007 erfüllte er sich einen großen Wunsch: die Wiederbele­bung des ehemaligen Schleiferk­ottens in Balken. 40 Jahre lang war das windschief­e winzige Fachwerkhä­uschen gegenüber dem Brückenhof nur als Lager genutzt worden, bis sich Hausmann entschloss, den Kotten wieder flott zu machen.

Kein Wunder: Großvater Hugo Luchtenber­g war gelernter Schreiner und hatte im Balkener Kotten Messerheft­e für Solinger Firmen hergestell­t. Hausmanns Vater arbeitete als Schleifer für dieselben Auftraggeb­er. Schon als Zwölfjähri­ger habe er geholfen, berichtet er.

Als sein einstiger Geselle Kurt Weber dann 2006 die Idee hatte, beim Handwerker­markt zum Stadtfest einen Schleifers­tand zu betreiben, war Hausmann sofort dabei. Der Stand wurde geradezu belagert. Hausmann fing Feuer, setzte den Kotten instand, und nahm Besteck fortan auch in der „Kutsche“an.

Sie jetzt abzugeben, fällt ihm und seiner Frau sichtlich schwer. Umso mehr wünscht sich das Paar, dass sich jemand meldet, der nicht nur das schnelle Geld machen will, sondern dem auch etwas am Erhalt eines solchen Kleinods liegt. Kontakt, Tel.: 02175 2748.

„Ich bin jetzt 72 Jahre alt, ich kann nicht mehr tagein tagaus in der Küche stehen“Gastwirt

Newspapers in German

Newspapers from Germany