Mit vereinten Kräften
DÜSSELDORF Natürlich gibt es diese Vorstellung vom kleinlichen Vereinsmeier im verrauchten Sälchen neben der Kegelbahn, der verbissen Tagesordnungspunkte abarbeitet, neben sich den Kassenwart, vor sich ’n Bier und ’nen Korn. Und mancher hat noch süßen Zigarrenduft in der Nase, wenn von Vereinen die Rede ist. Doch dann erzählen junge Leute munter, dass sie bei den Pfadfindern mitmachen, weil das aufregend, anspruchsvoll, ein tolles Gemeinschaftserlebnis ist. Oder dass sie jeden Samstag für ihren Verein auf dem Fußballplatz stehen oder im Chor mitsingen oder in der Flüchtlingsinitiative Nachhilfe geben. Freiwillig, ohne Bezahlung. Und zwar nicht, weil sie gezwungen würden, weil schon Vatti Schützenbruder war oder Mutti Turnerin, sondern weil sie Spaß daran haben, Freunde treffen, etwas Sinnvolles tun. Weil der Verein zu ihrem Leben gehört. Und sie zu ihrem Verein.
Deutschland ist ein Land der Privatverbände. Mehr als 600.000 eingetragene Vereine gibt es, Tendenz seit Jahren steigend. Zwar werden jährlich etwa 10.000 Vereine aus dem Register gelöscht. Es gibt Gruppen, denen der Nachwuchs ausgeht, deren Mitgliederschaft altert, die irgendwann keinen Vorstand mehr zusammen bekommen. Und das Tempo an den Schulen, der Druck in vielen Jobs, macht das Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr, im Posaunenchor oder Schwimmverein nicht leichter.
Doch auf der anderen Seite gründen sich jedes Jahr 15.000 bis 20.000 neue Vereine. „Von einer Krise kann also keine Rede sein“, sagt Hans Walter Hütter, Leiter des Bonner „Haus der Geschichte“, in dem gerade eine Ausstellung über Vereine zu sehen ist. Allerdings sei ein deutlicher Wandel des Vereinswesens zu erkennen: Dienten Vereine früher vor allem der Geselligkeit und dem Gemeinschaftserleben, würden inzwischen immer mehr Initiativen mit sozialer, kultureller oder politischer Mission gegründet. „Fördervereine haben wachsende Bedeutung für das Miteinander gewonnen“, so Hütter, „Vereine sind der Kitt unserer Gesellschaft.“
Dieser Kitt muss allerdings immer mehr Strapazierfähigkeit beweisen. Orte der Begegnung werden wichtiger. In Zeiten, da die sozialen Unterschiede wachsen, der Raum für reale Begegnungen schwindet, es leicht geworden ist, sich unbehelligt von der Lebenswirklichkeit der anderen in die eigene soziale Blase zurückzuziehen. Gerade in den großen Traditionsvereinen, den Schützenbruderschaften und Karnevalsgruppen, treffen noch Menschen aus unterschiedlichen Schichten aufeinander. Sie feiern gemeinsam, helfen einander aus, nehmen das gemeinsame Ziel wichtiger als soziale Differenzen. Das hält den Dialog zwischen Gruppen in Gang, die sonst womöglich noch weiter auseinanderdriften würden.
Darum sind Vereine auch Motoren für die Integration. Ohne Zugangsbeschränkungen wie Schulabschlüsse bieten sie etwas, das unglaublich kostbar geworden ist: Teilhabe. Menschen können in Vereinen Kontakte knüpfen, gemeinsam ein Hobby pflegen, die beglückende Erfahrung machen, gebraucht zu sein. Und sie erleben, dass sie konkret, gleich nebenan, ihren Lebensraum gestalten. Es macht eben einen Unterschied, ob ein Nachbarschaftsverein im Sommer ein Straßenfest organisiert. Oder ob es im Viertel noch einen Chor gibt, der zu Weihnachten Bachs Oratorium zu Stande bringt. Je unverbindlicher die Zeiten werden, desto spürbarer wird die verbindende Kraft der Vereine.
Darum werden die Bundespräsidenten nicht müde, in jeder Neujahrsansprache das Engagement der ehrenamtlichen Gruppen zu preisen. Die Bonner Ausstellung im „Haus der Ge-
„Fördervereine haben wachsende Bedeutung für das Miteinander. Vereine sind der Kitt unserer Gesellschaft“
Hans Walter Hütter
Museumsleiter
sind die Verfehlungen bei den Spezialkräften und in anderen Kasernen? Diese und weitere Fragen verfolgen die CDU-Politikerin seit vielen Wochen und Monaten. Doch nach den neuerlichen mühsamen Aufklärungsversuchen entstand bei Parlamentariern der Eindruck, es gehe der Ministerin im Moment nur noch darum, die Problemlösung zu vertagen und sich selbst über den Wahltag zu retten. Da hat sie schon mehr geschafft als so mancher männliche Vorgänger, der nicht mal vier Jahre durchhielt in einer Position, in der jeden Augenblick Tretminen hochgehen, Menschen durch Fehlentscheidungen und Mangelausrüstung zu Schaden kommen können. Von der Leyen war angetreten, das alles anders und besser zu machen. Neue, moderne Konzepte. Das klang gut. Sie wirkte entschlossen. Und sie bekam mit Rückendeckung der Kanzlerin mehr Milliarden, konnte „Trendwenden“bei Personal, Finanzen und Material ankündigen und ausarbeiten. Doch eine Truppe, die an Befehl und Gehorsam gewöhnt ist, dankte es ihr kaum. Vielmehr ist zu hören, dass in manchen Kasernen ihr Bild demonstrativ umgedreht wurde, weil Skepsis zu Distanz und Entfremdung zu Verachtung wurde. Ob sie die Chance bekommt, das Blatt in einer zweiten Amtszeit wenden zu können, ist am Ende der Mission der Ministerin völlig offen. Gregor Mayntz