Rheinische Post Opladen

89-Jähriger von Einbrecher­n gefesselt

Sie drangen in sein Zuhause ein und rissen ihn aus dem Schlaf: Leo Büscher aus Hamminkeln wurde von zwei Einbrecher­n bedroht und stand dabei Todesängst­e aus. Er rät, die Täter bloß nicht zu provoziere­n.

- VON KLAUS NIKOLEI

HAMMINKELN Leo Büscher wirkt entspannt. Gut wie selten hat der 89-Jährige geschlafen und genehmigt sich jetzt, kurz nach Mittag, ein Weizenbier. „Ich feiere heute meinen zweiten Geburtstag – so fühle ich mich jedenfalls.“

Leo Büscher hat Glück gehabt. Großes Glück – im Unglück. Denn der ehemalige Unternehme­r, der lange Jahre eine Baumschule im Niederrhei­n-Städtchen Hamminkeln (Kreis Wesel) betrieben hat, ist in der Nacht von Sonntag auf Mon- Leo Büscher tag Opfer eines brutalen Raubüberfa­lls geworden und hat dabei Todesängst­e ausgestand­en.

Ein Schlag ins Gesicht reißt Leo Büscher gegen 2.30 Uhr aus dem Tiefschlaf. Zwei mit dunklen Sturmhaube­n maskierte Männer in Handschuhe­n stehen an seinem Bett, die sich zuvor gewaltsam Zutritt zu dem recht einsam gelegenen Anwesen verschafft haben. Einer der Täter reißt Leo Büscher das Notruf-Armband des Malteser Hilfsdiens­tes von der Hand. Der andere bedroht ihn mit einem Spaten. Der 89-Jährige schreit um Hilfe. Dabei ist er ganz allein im Haus. Niemand kann ihn hören. „Es war ein Fehler, so zu schreien“, sagt er später.

Die Einbrecher, zwei körperlich eher kleinere Männer, beide etwa zwischen 1,60 und 1,70 Meter groß und schätzungs­weise Mitte 20, machen ihm klar, dass er schweigen und die Hände still halten soll. „Ich dachte, mein letztes Stündlein hat geschlagen, weil sie deutlich gemacht haben, dass sie mir das Telefonkab­el um den Hals legen, falls ich nicht tue, was sie sagen“, sagt der 89-Jährige. In knappen, akzentfrei­en Worten fordern sie: „140.000 Euro für Frau und Kinder.“Leo Büscher muss seinen Tresor öffnen. Darin bewahrt er lediglich 1000 Euro auf. Die Täter sind verblüfft. Sie hatten natürlich mit sehr viel mehr gerechnet. Aber sie sind jetzt nicht mehr so aggressiv wie noch Minuten zuvor. „Ich habe versucht, ein freundscha­ftliches Verhältnis aufzubauen und ihnen gesagt, dass sie doch morgen wiederkomm­en sollten, dann könnten wir gemeinsam zur Bank fahren.“

Nachdem die Einbrecher sämtliche Schubladen im Wohnzimmer herausgeri­ssen, einige persönlich­e Papiere, verschiede­ne Wertgegens­tände – darunter die Armbanduhr ihres Opfers – eingesteck­t haben, fesseln sie Leo Büscher mit dem Telefonkab­el am Kopfende seines Bettes. „Ich musste mich auf den Teppich setzen. Dann haben sie mir noch das Kopfkissen in den Rücken geschoben und mich zugedeckt. Und ich habe mich für die zuvorkomme­nde Behandlung bedankt.“Mit einem „Keine Kriminalpo­lizei“verschwind­et das Duo unerkannt in die Nacht. Leo Büschers Hoffnung, sich wenig später selbst von den Fesseln befreien zu können, erfüllt sich nicht. „Der Knoten war zu fest. Das waren Profis, das haben die nicht zum ersten Mal gemacht.“

Lange sechs Stunden muss der 89-Jährige warten, bis er befreit wird. Und zwar von der Mitarbeite­rin eines Pflegedien­stes, die ihm täglich seine Medikament­e gibt.

„Ich habe versucht, ein freundscha­ftliches Verhältnis aufzubauen“

Wie gesagt, Leo Büscher hat Glück gehabt. Und er kann jedem, der einmal in eine ähnliche Lage gerät, nur den Tipp geben, „sich unauffälli­g zu verhalten. Man sollte diese Leute nicht provoziere­n und freiwillig mit ihnen zusammenar­beiten. Dann legt sich bei den Tätern die Aggression. Man sollte unbedingt kooperativ sein, wenn man mit dem Leben davonkomme­n will.“

Wut oder gar Hass auf die beiden jungen Männer empfindet Leo Büscher übrigens nicht. Nachdem ihn die Polizei vernommen, ihm sein Hausarzt eine Schlaftabl­ette gegeben („Ich wollte so eine richtige Granate und kein Belladonna“) und er die Nacht von Montag auf Dienstag durchgesch­lafen hat, fühlt er sich wieder gut. „Wenn ich ehrlich bin, habe ich die Sache schon verdrängt.“

Eine neue Uhr hat er auch schon wieder. Und ein neues Portemonna­ie. „Ich dachte nämlich, dass die mein altes geklaut haben.“Dann zieht er die Schublade seines Wohnzimmer­tisches auf und holt seine Geldbörse heraus. „Die haben sie nicht gefunden“, sagt er und lacht.

Opfer eines Raubüberfa­lls

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FOTO: KLAUS NIKOLEI Die Einbrecher rissen dem 89-Jährigen als erstes das Notruf-Armband eines Hilfsdiens­tes vom Arm. Dann durchsucht­en sie das Haus.

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