Rheinische Post Opladen

Schluss mit Splittern

Die Gründer des Ratinger Start-ups Protect Pax haben einen flüssigen Displaysch­utz entwickelt, mit dem zersplitte­rte Smartphone-Bildschirm­e der Vergangenh­eit angehören sollen. Nun präsentier­ten sie die Idee im Fernsehen. Mit Erfolg?

- VON FLORIAN RINKE

RATINGEN Sie ist der Witz, über den niemand so richtig lachen kann: Die Spider-App. Je mehr Smartphone­s in den vergangene­n Jahren verkauft wurden, umso berühmter wurde der Ausdruck. Spider-App, sagen die Menschen mitfühlend, wenn sie irgendwo mal wieder ein zersplitte­rtes Handy-Display sehen, bei dem sich die Risse wie ein Spinnennet­z durch das Glas ziehen. Viele HandyBesit­zer versuchen, ihre Geräte mit einer Folie zu schützen. Doch das klappt oft nur leidlich.

Nun gibt es Protect Pax – und damit das Verspreche­n: Nie wieder Spider-App. Gestern Abend präsentier­te das Start-up aus Ratingen um die beiden Gründer Pascal Buchen und Anthony Filipiak bei der Gründersho­w „Die Höhle der Löwen“auf Vox sein Produkt. Der flüssige Displaysch­utz, der das Smartphone vor Kratzern und Stößen schützt, überzeugte gleich drei der fünf Investoren. Den Zuschlag bekam am Ende der Hamburger Unternehme­r Ralf Dümmel, der sich für 100.000 Euro einen 15-prozentige­n Anteil an Protect Pax sicherte. Nun wollen die Ratinger mit ihrer Idee nach der Showbühne auch den Handel erobern.

Angefangen hat alles vor knapp zweieinhal­b Jahren in einem Fitnessstu­dio. Zwischen Hantelbank und Beinpresse kamen Buchen und Filipiak ins Gespräch – über den Sport, aber bald auch darüber hinaus. Und dann erzählte Buchen irgendwann von dieser Idee.

Der 25-Jährige hat jahrelang in einem Mobilfunks­hop in Ratingen gearbeitet. „Da kamen praktisch jeden Tag Kunden mit schlecht geklebten Schutzfoli­en auf ihren Smartphone­s zu uns in den Laden“, erinnert er sich. Es sei schwierig, die Folien so aufzuklebe­n, dass sie keine Blasen werfen, gut aussehen und schützen. „Da habe ich gedacht: Das muss doch besser zu lösen sein.“

Filipiak ist fasziniert. Sie testen verschiede­ne Produkte, keines erfüllt ihre Anforderun­gen.

Und wieder kommt ein SportKonta­kt ins Spiel: Jeden Samstag geht Filipiak mit einem Bekannten schwimmen. Sie sprechen auch über das Handy-Problem, und der Bekannte sagt: Ich kenne da jemanden, der euch helfen könnte.

Dank seiner Kontakte zu chinesisch­en Produzente­n können die beiden Gründer erste Prototypen entwickeln lassen. Doch das war gar nicht so leicht. „Die ersten Prototypen waren milchig, andere rochen stark nach Chemikalie­n“, sagt der 22-jährige Filipiak: „Wir haben irgendwann echt nicht mehr geglaubt, dass wir es hinkriegen.“Dann kam eine Mail: Ich glaube, wir haben eine Lösung, hieß es da.

Nach Angaben von Protect Pax handelt es sich bei der Flüssigkei­t um ein Titanoxid. Es wird auf das Display geträufelt und mit einem Tuch verrieben. Nanopartik­el sorgen anschließe­nd für den Schutz – zumindest zwölf Monate lang. „Flüssiggla­s wird auch in der Autoindust­rie und der Weltraumbr­anche genutzt, um Scheiben auszuhärte­n“, sagt Pascal Buchen.

Blieb nur noch die Frage: Wie sollten sie die Herstellun­g Tausender solcher Packungen bezahlen?

Denn Geld war knapp. Die beiden hatten keinen Investor, finanziert­en bislang alles mit ihren Ersparniss­en. Gearbeitet wurde in den eigenen vier Wänden. An ein Büro, wie sie es jetzt in Ratingen in unmittelba­rer Nähe von SAP und Microsoft bezogen haben, war damals nicht mal ansatzweis­e zu denken. „In den ersten Monaten haben wir uns auch keine Gehälter zahlen können, da waren wir froh, wenn wir das Geld für Anwaltskos­ten und sowas aufbringen konnten“, sagt Buchen.

Also ging er weiter Vollzeit arbeiten – und plante nebenbei in jeder freien Minute die Zukunft von Protect Pax. 65-Stunden-Wochen waren keine Seltenheit. Voller Einsatz trotz des Risikos, dass am Ende vor dem Durchbruch das Geld ausgeht. „Ich habe zu Anthony gesagt: Wenn irgendwas ist, dann wohnst du ein- fach erstmal bei mir. Entweder wir schaffen es gemeinsam oder gar nicht“, sagt Pascal Buchen.

Dann kam eine Mail von der Produktion­sfirma von „Die Höhle der Löwen“. Ob sich die beiden nicht mal bewerben wollten, fragten die Mitarbeite­r. Sie hatten gesehen, welchen Erfolg eine Crowdfundi­ngKampagne der beiden im Internet hatte, bei der sie sich Geld von Nutzern besorgen wollten. Die beiden bewarben sich, wurden genommen – und der Stress ging erst richtig los: Ende März bekamen die beiden die Nachricht, dass anderthalb Wochen später gedreht werden solle.

„Als die Nachricht kam, hatten wir nichts: Keine Verpackung­en, keinen Marketingp­lan, nur unsere Idee“, sagt Filipiak. In Rollenspie­len gingen sie ihren Auftritt durch. Trotzdem waren die Hände schweißnas­s, als die Aufzeichnu­ng losging. Alles klappte. Der Durchbruch? Eher der nächste Schritt.

Für Anthony Filipiak und Pascal Buchen geht es jetzt erst richtig los: „Von einem Produkt allein kann kein Unternehme­n überleben. Wir wollen deswegen bald unsere Produktpal­ette erweitern, zum Beispiel durch eine Diamant-Politur, mit der sich Kratzer auf dem Smartphone entfernen lassen“, sagt Filipiak. Protect Pax ist jetzt ihr Alltag. Vollzeit.

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FOTOS: DHDL/BAUER In der Sendung zeigte Pascal Buchen, wie kratzfest der Schutz ist (o.). Dann erklärten er und Anthony Filipiak (r.) den „Löwen“Carsten Maschmeyer und Dagmar Whörl ihre Idee. Inzwischen ist das Produkt marktreif (u.).
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