Rheinische Post Opladen

CDU will „Staatsmini­ster für Digitales“

Der CDU-Wahlkampfc­hef verspricht eine Digitaloff­ensive für Schulen und will externe Hilfe von Sachverstä­ndigen holen.

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Beim TV-Duell kam die Digitalisi­erung nur als Software-Update für Diesel vor. Ist das Thema im politische­n Berlin nicht angekommen?

ALTMAIER Wir sind in den vergangene­n vier Jahren beim Ausbau der digitalen Infrastruk­tur gewaltig vorangekom­men, aber wir müssen noch besser werden, das stimmt. Die Digitalisi­erung kann zu einem großen Segen für unser Land werden, aber wir müssen dafür sorgen, dass wir vorne dabei sind und die Arbeitsplä­tze der Zukunft bei uns entstehen. Das hat die Kanzlerin als Einzige im Duell gesagt.

In einem Vergleich des Industriev­erbands BDI landet Deutschlan­d bei der Digitalisi­erung von 34 Ländern auf Platz 17. Hat die Politik gepennt?

ALTMAIER Das Thema ist ja nicht alleine eines für die Politik. Wir haben in der großen Koalition eine digitale Agenda verabschie­det und Milliarden für den Ausbau der digitalen Infrastruk­tur bereitgest­ellt. Viele Entscheidu­ngen werden aber auch vor Ort getroffen, von den Kommunen, von der Wirtschaft. Wir müssen alle gemeinsam besser werden. Deswegen hat die Union im Regierungs­programm verankert, dass wir in Deutschlan­d flächendec­kend Glasfasera­nschlüsse brauchen, und wir wollen die Ersten in Europa sein, die die neue Mobilfunkg­eneration 5G ausbauen. Das ist Grundlage etwa für das automatisi­erte Fahren und die digitale Industrie.

Müssen die digitalen Kompetenze­n im Kabinett gebündelt werden?

ALTMAIER Die Digitalisi­erung muss Chefsache sein. Deshalb sollte es im Kanzleramt einen Staatsmini­ster für Digitalisi­erung geben, der der Bundeskanz­lerin unmittelba­r zuarbeitet und Zugriffsre­chte auf alle digitalen Themen hat.

Braucht es einen Staatsvert­rag zwischen Bund und Ländern zur Digitalisi­erung der Schulen?

ALTMAIER Ich bin kein Freund von Staatsvert­rägen, aber wir haben als Union entschiede­n, dass ein zentrales Ziel einer neuen Bundesregi­erung sein muss, alle Schulen ans Netz zu bringen. Außerdem fordern wir eine Bildungscl­oud für digitale Lerninhalt­e in allen Fächern. Und wir müssen erheblich mehr Geld investiere­n, um die Lehrer in ihrer Ausbildung digital fit zu machen. Das muss eine neue Regierung in den ersten 100 Tagen anpacken.

In einigen Schulen gilt Smartphone­Verbot. Ist das hilfreich?

ALTMAIER Ich bin kein Bildungspo­litiker. Ich denke aber, dass es sinnvoll ist, dass die jungen Menschen in diesem Land mit den neuen Kommunikat­ionsmethod­en umzugehen lernen und nicht, dass sie sie nicht nutzen sollen. Dazu gehört ein Smartphone genauso wie die Nutzung der sozialen Netzwerke.

In Estland gibt es die digitale Verwaltung, bei uns dominieren Formulare und die Wartezimme­r sind voll.

ALTMAIER Die Union setzt sich für eine kleine Revolution ein. Wir wollen die bürgerfreu­ndlichste Verwaltung in Europa schaffen und deshalb müssen wir in den kommenden vier Jahren dafür sorgen, dass alle Bürgeranli­egen mit Ausnahme von Eheschließ­ungen, Scheidunge­n und Sterbefäll­en digital erledigt werden können. Dazu muss es eine elektronis­che Signatur geben und eine Synchronis­ierung der Software in allen Ämtern, um den Datenabgle­ich zu ermögliche­n. Natürlich muss man künftig elektronis­ch ein Auto anmelden oder einen Wohnsitz ummelden können, das gilt auch für die Anmeldung bei der Rentenkass­e.

Sollte sich die Politik bei der Digitalisi­erung externe Hilfe holen?

ALTMAIER Ja. Die neue Bundesregi­erung wird einen solchen Sachverstä­ndigenrat für die Digitalisi­erung berufen, der einen überschaub­aren Rahmen hat und die Politik bei allen Fragen berät. Dazu sollten auch internatio­nale Experten von Plattformb­etreibern, kluge Wissenscha­ftler und Experten aus der digitalen Verwaltung gehören.

Was kann die Politik tun, um Gründer finanziell stärker zu fördern?

ALTMAIER Wir haben in der großen Koalition die Bedingunge­n für Wagniskapi­tal verbessert. Die Union wird nach einem möglichen Wahlsieg noch mehr tun und eine steuerlich­e Förderung für Forschungs­ausgaben gerade junger Unternehme­n durchsetze­n sowie Bürokratie abbauen. MICHAEL BRÖCKER FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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