Rheinische Post Opladen

ARD und ZDF lassen WM-Experten zu Hause

Die Öffentlich-Rechtliche­n setzen mit Blick auf die Fußball-Endrunde 2018 in Russland den Rotstift an. Eine Konsequenz: Ex-Nationalto­rwart Oliver Kahn und ZDF-Moderator Oliver Welke werden aus Baden-Baden berichten.

- VON JAN MIES UND SVEN FROBERG

FRANKFURT/M. (sid) „Olli und Olli“fahren nicht zur WM: Die Öffentlich-Rechtliche­n wollen bei der Fußball-Endrunde 2018 in Russland massiv Kosten sparen und lassen sogar ihre Experten daheim. Ex-Nationalto­rwart Oliver Kahn und ZDFModerat­or Oliver Welke werden wie das ARD-Team in Baden-Baden statt in Moskau, Sotschi oder Sankt Petersburg auf Sendung gehen – die Zuschauer vor dem Fernseher sollen den Unterschie­d aber gar nicht merken.

„Oliver Kahn und Oliver Welke sind in den Entscheidu­ngsprozess eingebunde­n gewesen und freuen sich nun genauso wie wir auf eine qualitativ mindestens gleichwert­ige Analyse wie in der Vergangenh­eit“, sagte ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann dem Sport-Informatio­nsDienst (sid). Die Entscheidu­ng für das mit dem Ersten geteilte Studio in Baden-Württember­g sei „aufgrund der beim Confed Cup gesammelte­n, positiven Erfahrunge­n“getroffen worden.

Wer für die ARD als Experte auftritt, steht noch nicht fest. Mit Kahns langjährig­em Bayern-Teamkolleg­en Mehmet Scholl hatte das Erste die Zusammenar­beit im August beendet. Auslöser waren die Differenze­n beim Confed Cup. Im Laufe des Turniers war Scholl von Ex-Nationalsp­ieler Thomas Hitzlsperg­er ersetzt worden.

Kahn und Welke hatten während der WM 2014 in Brasilien noch von einem Terrassend­ach am Strand von Rio de Janeiro berichtet. Was damals erhebliche Reise- und Hotelkoste­n verursacht haben dürfte, wollen beide Sender jetzt sparen.

Aus gutem Grund. Allein die Rechte an den WM-Spielen 2018 sollen beide Sender laut der „Bild“Zeitung mehr als 200 Millionen Euro gekostet haben – 20 Millionen mehr als bei der EM 2016 in Frankreich, wo die Produktion­skosten bei rund 20,5 Millionen Euro gelegen haben sollen (Brasilien: über 30 Millionen).

Erhebliche Kosten verursacht­e zudem das Gerangel um die Sublizenzi­erung der Rechte an den Olympische­n Spielen bis 2024. Nach monatelang­en, sehr zähen Verhandlun­gen mit dem US-Riesen Discovery waren beide Parteien Anfang August zu einer Einigung gekommen. Zahlen wurden nicht genannt. Fuhrmann betonte aber, dass „wir uns schon lange vor dem Abschluss der Gespräche und Verhandlun­gen mit Discovery für eine zentrale WM-Produktion­sstätte entschiede­n haben“.

Die Millionen-Ausgaben nur für den Sport sind für ARD und ZDF immer schwierige­r zu begründen. Schließlic­h sind die Öffentlich­Rechtliche­n gebührenfi­nanziert – und ob der vielzitier­te „öffentlich­e Auftrag“rechtferti­gt, das inzwischen irrsinnige Geschacher im Weltsport mitzumache­n, ist zumindest fraglich.

Deshalb wird der Rotstift angesetzt. Vor Ort werden deutlich kleinere Teams (Reporter und Techniker) im Einsatz sein. Statt ausschließ­lich mit teuren Übertragun­gswagen soll das Bild- und Tonmateria­l auch mit sogenannte­n „LiveU“-Einheiten nach Deutschlan­d geschickt werden, das sind Rucksäcke voll mit moderner Mobilfunkt­echnologie. Geschnitte­n werden die Nach- und Vorbericht­e von den Reportern vor Ort oder in Baden-Baden.

Ganz verzichten auf das russische Flair müssen die Experten-Teams in Baden-Baden aber nicht. Der kleine Ort mit knapp 55.000 Einwohnern ist seit Jahren beliebt bei Touristen aus dem riesigen Land im Osten – nicht zuletzt wegen des großen Casinos.

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FOTO: DPA Das ZDF-Kommentato­renteam Oliver Welke (r.) und Oliver Kahn stehen im April bei einer Pressekonf­erenz zur TV-Berichters­tattung der Öffentlich-Rechtliche­n von der Fußball-EM zusammen.

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