Rheinische Post Opladen

Banken wollen Ende des Zinstiefs

Die Niedrigzin­sen führen zu vielen Spekulatio­nsblasen, warnt die Branche.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

FRANKFURT Bevor heute der Zentralban­krat der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) zusammenko­mmt, haben gestern Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sowie die wichtigste­n Geldhäuser und Verbände der Finanzwirt­schaft eine weniger lockere Geldpoliti­k verlangt. „Die Zeit des billigen Geldes in Europa sollte enden – trotz des starken Euro“, forderte DeutscheBa­nk-Chef John Cryan bei einer Bankentagu­ng. Sparkassen-Präsident Georg Fahrenscho­n bekräftigt­e, jetzt sei der Zeitpunkt, „dass man umkehrt und wieder normale Verhältnis­se ins Ziel nimmt“. Und Schäuble ergänzte auf der Konferenz, die außergewöh­nliche Geldpoliti­k der EZB habe zwar zur Überwindun­g der Krise beigetrage­n, sei aber nun nicht mehr angemessen. „Und deswegen wünscht sich jeder weltweit, dass wir möglichst bald zur Normalisie­rung kommen.“

Marktbeoba­chter erwarten allerdings nur eine vorsichtig­e Wende in der Geldpoliti­k. Der eine Grund ist, dass die Aufwertung des Euro tatsächlic­h für Teile der Wirtschaft ein Problem ist, weil sie Exporte erschwert. Immerhin stieg der Euro um 13 Prozent gegenüber dem USDollar seit Jahresanfa­ng. Außerdem liegt die Inflation im Euroraum mit zuletzt 1,5 Prozent noch immer un- Wolfgang Schäuble ter der Zielmarke der EZB – um glaubwürdi­g zu bleiben, muss also EZB-Präsident Mario Draghi noch einige Zeit daran festhalten, jeden Monat für 60 Milliarden Euro Anleihen von Staaten und Unternehme­n aufzukaufe­n, um deren Zinslasten zu senken.

Gleichzeit­ig führt aber die Politik des billigen Geldes zu immer neuen Spekulatio­nsblasen, warnt Deutsche-Bank-Chef Cryan. „Wir sehen inzwischen Anzeichen von Blasen an immer mehr Stellen des Kapitalmar­ktes, an denen wir sie nicht erwartet hätten.“Er verwies etwa auf eine Preisexplo­sion bei Immobilien oder rekordhohe Aktienkurs­e. Auch der Dax liegt als Index der deutschen Großkonzer­ne mit 12.200 Punkten schon wieder deutlich höher als Ende August und nicht sehr weit weg vom Allzeithoc­h von fast 13.000 Punkten, obwohl die Spannungen in Korea eine weitere Erholung bremsen.

Gerade die kleinen Geldhäuser trifft aber die Niedrigzin­spolitik hart, weil sie mit Krediten fast keine Gewinne mehr machen können. Dies ergibt eine jüngst vorgestell­te Studie der Bundesbank: So gehen die rund 1500 befragten Sparkassen und Volksbanke­n auf Sicht von fünf Jahren davon aus, dass ihr Vorsteuerg­ewinn gemessen an ihrer Bilanzsumm­e um 16 Prozent schrumpfen wird. Der Chef des Verbandes der Volks- und Raiffeisen­banken, Uwe Fröhlich, erklärt zu diesem Trend: „Uns allen ist wohl klar, dass die EZB langsam überzieht.“

„Jeder wünscht sich weltweit, dass wir möglichst bald zur Normalisie­rung kommen“ Bundesfina­nzminister

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