Rheinische Post Opladen

Ein humorvolle­r Blick auf die Endlichkei­t des Lebens

- VON MONIKA KLEIN

SCHLEBUSCH Oma Selma hat im Schlaf ein Okapi gesehen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht von diesem ungewöhnli­chen Traum in ihrem Westerwäld­er Dorf. „Nach einem Okapi kann eigentlich nichts mehr kommen“, sind die abergläubi­schen Bewohner überzeugt und erwarten, dass innerhalb von 24 Stunden der Tod in der übersichtl­ichen Ortsgemein­schaft zuschlägt. Die beunruhigt­en Leute „bewegten sich, als habe sich überall Blitzeis gebildet“. Aus Furcht vor Unglück und Tod müssen sie nun schnell etwas in Ordnung bringen oder zu Ende führen.

Ob und wann jemand stirbt, das erfuhren die Besucher beim „Museum Litterale“am vergangene­n Donnerstag zwar nicht. Das müssen sie schon selbst nachlesen in Mariana Lekys Buch „Was man von hier aus sehen kann“. Und die meisten Zuhörer werden die Neuerschei­nung vermutlich auf ihren Wunschzett­el schreiben, denn sie waren von der Leseprobe ebenso hingerisse­n wie Buchhändle­r Manfred Gottschalk. Der hatte die junge Autorin darum für seine Reihe eingeladen, die er seit nunmehr 20 Jahren in Zusammenar­beit mit dem Museum Morsbroich im Spiegelsaa­l veranstalt­et.

Mit ebenso treffenden wie ungewöhnli­chen Bildern beschreibt Mariana Leky den Westerwäld­er Handlungso­rt und ihre Bewohner, die oft kurze Wörter bevorzugen „weil sie das Sprechen schnell hinter sich bringen wollen“. Beim Vorlesen zauberte sie häufig ein Schmunzeln in die Gesichter der Besucher, die mitunter auch hörbar kicherten.

Ihre humorvolle Erzählweis­e macht die Herzen leicht, obwohl es tatsächlic­h um ein durchaus ernstes Thema geht, nämlich um das Leben und dessen Endlichkei­t. Und eine ganz besondere Liebesgesc­hichte hat sie außerdem eingefloch­ten. Auch davon gab es bei der Autorenles­ung nur eine Ahnung, nämlich den Abschnitt, in dem Ich-Erzählerin Luise erstmals dem jungen Studienabb­recher und nun buddhistis­chen Mönch Frederic begegnet.

Da hatten die Zuhörer bereits die übrigen Familienmi­tglieder kennengele­rnt: Oma Selma, die aussieht wie Rudi Carrell, den Vater mit betreuungs­intensiver Psyche, die Mutter mit ihrem Blumenlade­n und den Neuzugang Alaska. Der ist ein stattliche­r Mischlings­hund und als Metapher für den Schmerz eine Empfehlung von Vaters Psychoanal­ytiker.

Die Zuhörer waren durchweg hingerisse­n vom bildreiche­n Erzählstil, von der Mischung zwischen Heiterkeit und Ernst und nicht zuletzt von der sympathisc­hen Art der Autorin, deren Stimme an diesem Abend ein wenig angeschlag­en war. Sie sei noch völlig „routinefre­i“, erklärte sie am Anfang dieser Lesung, die zu ihren ersten Erfahrunge­n vor Publikum gehörte.

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FOTO: UWE MISERIUS Mariana Leky stellte im Spiegelsaa­l von Schloss Morsbroich ihr neues Buch vor.

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