Rheinische Post Opladen

Spurenlese­n im Museum Morsbroich

Der polnische Künstler Mirosław Bałka weckt mit seinen teils minimalist­ischen Arbeiten Assoziatio­nen. Am Sonntag wird die Ausstellun­g in seinem Beisein eröffnet.

- VON MONIKA KLEIN

SCHLEBUSCH Der Titel der neuen Museumsaus­stellung ist sehr ernst zu nehmen. „Die Spuren“, die der polnische Künstler Mirosław Bałka dort in allen Räumen ausgelegt hat, führen zu den Inhalten und Fragestell­ungen seiner Arbeit. Die meisten erschließe­n sich nicht komplett auf den ersten Blick, aber alle setzten Assoziatio­nen frei und stoßen den Denkprozes­s an. Wie Sherlock Holmes soll man auf die Kleinigkei­ten achten, um den Dingen auf die Spur zu kommen. In fast allen Arbeiten stecken Hinweise auf den Holocaust, das zentrale Thema des Bildhauers, der oft sehr sparsam mit seinen Materialie­n ist. Insbesonde­re in dieser Ausstellun­g im Museum Morsbroich, die der letzte Teil einer Trilogie ist. Zwei Retrospekt­ive-Teile mit älteren Werken hat es bereits in Lodz und in Mailand gegeben.

In einem Raum werden auch die schärfsten Augen nicht fündig. Wie so oft in Bałkas Werk gibt der Titel den entscheide­nden Hinweis: „Touch me, find me“. In diesem Fall sollen die Besucher tatsächlic­h die Wände abtasten. Nur so finden die zwei beheizten Stellen im Raum. Temperatur ist, wie auch in einigen anderen Arbeiten, Hinweis auf das Leben. Erhöhte Körpertemp­eratur ist Anzeichen von Krankheit.

In dieser Ausstellun­g gibt es außerdem zwei Sound-Arbeiten. An einer Stelle ist die Stimme Bałkas zu hören, die einen Text von Paul Celanin in polnisch gefärbtem Deutsch vorliest. Anderswo dringen aus einem altmodisch­en Trichter-Lautsprech­er Namenslist­en. Gemeint ist die „Gottbegnad­etenliste“mit jenen, die vom Fronteinsa­tz freigestel­lt waren. Es könnte sich ebenso um Todesliste­n handeln. Manche der reduzierte­n Arbeiten erscheinen so leicht und harmlos, eine Irreführun­g.

Wie etwa die zarten Fäden in unterschie­dlichen Farben, die von der Decke hängen. Wer sich die Farben genau ansieht, erkennt das SortierSch­ema, mit denen die Nazis Gruppen von Inhaftiert­en unterschie­den. Beispielsw­eise Rosa für die Homosexuel­len, Grün für Kriminelle, Schwarz für Asoziale oder Rot für die Politische­n. Immer wieder gibt Bałka biografisc­he oder biometrisc­he Hinweise auf sich und seinen Sohn. Auf der Höhe, die beide „Händs up“erreichen, hat er Stahlseile gezogen, die sich im Raum kreuzen. Seine eigenen Körpermaße übertrug er auf die Zeichnung „Modulor“von Le Corbusier und fügte einen kleinen Strich dazu. Aufschluss darüber gibt der Titel-Zu- satz: AF/1944. Es ist die Größe von Anne Frank in ihrem Todesjahr. Bevorzugte Materialie­n von Mirosław Bałka sind Seife, Salz und Asche, Schnaps, Beton oder Terrazzo.

Alle Besucher bekommen eine Beschreibu­ng zum Rundgang, und in wenigen Tag wird auch die Museums-App aktualisie­rt bereitsteh­en. Die führt den Besucher durchs Haus und bietet zudem O-Ton-Beiträge von Kuratorin und Künstler. Ein Ka- talog ist noch in Arbeit und wird während der Ausstellun­gs-Laufzeit erscheinen. Öffentlich­e Führungen gibt es jeden Sonntag um 15 Uhr.

Eröffnet wird die Ausstellun­g „Mirosław Bałka. Die Spuren“am Sonntag, 24. September, um 12 Uhr im Museum Morsbroich, Gustav-Heinemann-Straße 80. Öffnungsze­iten (bis 7. Januar): Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr, Donnerstag bis 21 Uhr.

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FOTO: UWE MISERIUS Mirosław Bałka hat im Museum Morsbroich künstleris­che „Spuren“ausgelegt. Ab Sonntag können Besucher ihnen nachgehen.

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